Malaria.
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Im Lande Budjadingen, wo die Malaria gegen früher sehr abgenommen hat, wurde nach stattgehabter Kanalisierung auch eine Abnahme der Anophelinen bemerkt, und mir gelang das Auffinden der letzteren meist nur in bestimmten Häusern.
Zu der Zeit, als in Wilhelmshaven die mörderische Malariaepidemie herrschte, war noch die ganze dortige Umgebung Sitz schwerer und intensiver Malaria. Der ganze Komfort, die Lebensverhältnisse der Bevölkerung waren äußerst klägliche, eine Bodendrainage kaum in den Anfängen vorhanden. Ich verweise bezüglich Einzelheiten auf meinen Aufsatz „Malaria einst und jetzt in den Marschen“. Natürlich waren Unterkommen und Verpflegung der vielen, in der ersten Zeit des Hafenbaues beschäftigten Arbeiter, deren Baracken neben dem Hafen standen, noch viel primitiver als die der eingeborenen Bevölkerung.
Eine zweite Möglichkeit für das Schwinden der Malaria in früheren Malariagegenden wird durch eine Vermutung Schaudinn’s (1902) und Celli’s eröffnet, wonach die Anophelinen der erwähnten früheren Malariagegenden eine Art Immunität gegen die Malaria zeigen sollen.
Wenn, wie wir sehen werden, auch der Mensch nach dem mehrfachen Uberstehen der Malaria eine relative Resistenz gegen die Infektion erwirbt, ist in der Tat der Gedanke nicht so sehr absurd, daß auch die Anophelinen einer Malariagegend, wenn sie Generationen hindurch immer mit Malariaparasiten infiziert waren, schließlich eine Art Resistenz gegen die Infektion gewinnen und parasitizide Eigenschaften erwerben. Nach Celli zeigten die Anophelinen der oben erwähnten Gegenden auffallend wenig Neigung zu stechen, von 2000 nur 70, von denen nur bei 2 die Infektion gelang. Diese Hypothese bedarf natürlich noch gründlicher Prüfung, da auch das gelegentliche Aufflackern der Malaria in früheren Malariaherden dadurch keine genügende Erklärung findet.
Weitere Gründe, daß in einer Gegend, die alle Bedingungen für das Zustandekommen einer Malariainfektion zu bieten scheint, sich Malaria trotzdem nicht zu entwickeln braucht, sind folgende:
a) Durchaus nicht alle Anophelinen können gleichmäßig gut die Malaria übertragen, vgl. Anopheles rossii und pnnctipennis. Vielleicht können einige Anophelesspezies überhaupt nur bestimmte Parasitenarten übertragen. Warum z. B. hat man bis jetzt noch nichts gehört von natürlicher Übertragung der Perniciosa unserer aus den Tropen heimkehrenden Seeleute durch den einheimischen Anopheles maculi- pennis ? Die Möglichkeit wäre a priori in heißen Sommern sehr wohl gegeben. (Nach Ross, Annett und Austen kann z. B. der Anopheles costalis alle drei Spezies von Malariaparasiten übertragen.)
b) Die Gameten müssen stets in genügender Zahl und Reife vorhanden sein, und ferner die männlichen im Verhältnis zu den weiblichen in bestimmter Proportion Vorkommen, um eine Infektion zu garantieren. Diese Voraussetzung trifft aber durchaus nicht immer zu.
c) In manchen Gegenden können die Anophelinen ev. durch die Art ihrer Ernährung, z. B. durch den Genuß bestimmter Pflanzensäfte und durch Entwicklung von Sproßpilzen, die Entwicklung von Malaria-Oocysten verhindern.
Man muß alle diese Faktoren untersuchen, wenn man in manchen Tropengegenden mit Anophelinen das Fehlen der Malaria bzw. die geringe Verbreitung erklären will. Koch sah z. B. in Soekaboemie in Niederl.-Indien Anophelinen ohne gleichzeitiges Vorkommen von Malaria, ebenso Fajardo in einigen Strichen Brasiliens
2. Schwerster Malaria und auffallend wenig Anophelinen.
Auch nachdem mir der Nachweis von Anophelinen in Kamerun, welches früher als moskitofrei galt, gelungen war, blieb noch immer ein großes Mißverhält-
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