Tropische Leberkrankheiten.
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und kann die Diagnose im Friihstadium erleichtern. Für den Leberabszeß ist dieselbe jedoch keineswegs pathognomisch, andere krankhafte Veränderungen können zu derselben Erscheinung führen.
Die Atmung ist, wie schon gesagt, stark beeinflußt. Ganz unfreiwillig kommt der Kranke dazu, einen ganz oberflächlichen kostalen Atmungstypus anzunehmen, welcher das Zwerchfell von jeder Tätigkeit möglichst entlastet und verhältnismäßig still stellt, so daß die Leber nicht fortwährend gesenkt und gehoben wird. Wenn das Zwerchfell den Leberabszeß unmittelbar überspannt, so bringt schon die eigene Entzündung die Immobilisierung dieses Muskels und damit die der Leber mit sich.
Trotzdem ist ein trockner und schmerzhafter Husten eine häufige Begleiterscheinung und wird besonders heftig, wenn der Prozeß durch das Zwerchfell auf das Brustfell übergreift. Wir haben dann denselben pathologischen Befund vor uns wie bei einer akuten basalen Pleuritis anderen Ursprungs mit den entsprechenden Krankheitserscheinungen. Offenbar riiliren hierbei die dem Leberabszeß zugeschriebenen Schmerzen in Wirklichkeit von der Reibung der entzündeten Pleuren her. Auf den Husten und die sekundären Erscheinungen von seiten der Lunge kommen wir noch bei Besprechung der Komplikationen zurück.
Der Schmerz ist jedoch keineswegs auf die Lebergegend beschränkt, es ist schon eine alte Beobachtung, daß sehr häufig Schmerzen in der rechten Schulter entstehen. Diese Erscheinung ist jedoch keineswegs konstant und hat keinen absoluten pathognomonischen Wert. Das Auftreten muß aber den Verdacht erwecken, daß der rechte Leberlappen erkrankt ist. Wenn auch einige wenige Fälle beschrieben worden sind, wo beim Vorkommen solcher Schmerzen die Abszesse im linken Leberlappen saßen oder über die ganze Leber zerstreut waren, und ein oder zwei interessante Beispiele von Abszessen im linken Lappen mit linksseitigem Schulterschmerz vorliegen, so ändern diese Ausnahmen an der für die Praxis wichtigen Regel nichts.
Der Schulterschmerz wechselt in bezug auf Sitz, Heftigkeit und Dauer und tritt oft gleichzeitig mit einer gewissen Benommenheit ein. Meistens ist er auf das Schulterblatt oder auf die Hauptmasse des Deltoideus beschränkt und strahlt nach Arm und Nacken zu aus. Seltener ist der Trapezius oder die Regio subclavicularis und das Ende der Clavicula der Sitz. Für gewöhnlich begleitet dieser Schmerz die Seitenschmerzen, kann aber auch während des ganzen Krankheitsverlaufes allein vorhanden sein. Anfänglich im allgemeinen gleichmäßig anhaltend, kann er bei längerem Bestände intermittierend werden, wobei die Anfälle verschieden weit auseinanderliegen. Der Heftigkeit nach kann er oft nur ein dumpfes Weh sein oder ein Gefühl, als ob ein Teil der Schulter roh und von Haut entblößt wäre, oder auch von solcher Intensität, daß die Leberschmerzen dagegen zurücktreten. Druck auf die Leber vermag den Schulterschmerz zu steigern.
Uber die Entstehung dieser Schmerzen herrscht folgende Auffassung: Luschka hat gezeigt, daß der rechte Nervus phrenicus meistens aus dem vierten Cervikalnerven entspringt und Zweige in die Lebersubstanz und Kapsel aussendet, während der linke N. phrenicus nur in ganz indirekter Verbindung mit diesem Organe steht. Es ist deswegen leicht verständlich, daß entzündliche Vorgänge in der Substanz des rechten Leberlappens Schmerzgefühl durch diesen Nerven dem Zentrum übermitteln und daß diese Empfindungen alsdann in die übrigen Verzweigungen des vierten Cervikalnerven verlegt werden, nämlich in die Hautnerven der Schulter. Andere Autoren berichten sogar über gleichzeitige Atrophie der Schultermuskulatur, welche einer Neuritis ascendens zugeschrieben wird. Da es aber keineswegs feststeht, ob in der Leber sensible Nerven vorhanden sind, so liegt es vielleicht näher, den Schulterschmerz durch die Ausbreitung einer Neuritis auf die Nerven des Cervikalplexus zu erklären.
Die p h y s i k a 1 i s o h e U n t e r s u c li u n g ergibt meistens deutliche pathologische Veränderungen im Befunde der Lebei\