Tropische Leberkrankheiten.
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selben weitere nekrotische Zerstörung bewirken. Es war erkennbar, daß Amöben sich den Blutgefäßen näherten, andere lagen unter dem Endothel der Venen und sickerten in das Lumen durch, während wieder andere in großer Zahl schon zwischen den Blutkörperchen im Lumen der Venen selbst lagen. Seit dem Nachweis freier Amöben im Blutstrom dieser Gefäße kann man kaum daran zweifeln, daß dieser leicht verständliche Verbreitungsmodus tatsächlich besteht, aber es bleibt auffallend, daß in dem Falle, wo die Verschwärung im Colon am ausgedehntesten war und in jedem Gesichtsfelde verschiedene Amöben enthaltende Venen gefunden werden konnten, in der Leber keine Abszeßbildung eingetreten war und die Suche nach Amöben in kleinsten Pfortadervenen in der Leber fruchtlos blieb.
In der Darmschleimhaut geht, wie schon bemerkt, mit dem Vordringen der Amöben in die Krypten und Zwischensubstanz ein völliger Zerfall des benachbarten Gewebes Hand in Hand, ohne daß die tiefer liegenden Schichten die geringste entzündliche Reaktion zeigen. Manchmal kann man kleine keilförmige nekrotische Gewebsteile beobachten, die sich von der Oberfläche bis in die Muscularis mucosae strecken und ringsum von Amöben umsäumt sind, welche das absterbende Gewebe verlassen, um sich etwas tiefer zwischen die lebenden Gewebsbestandteile einzubohren. Auf diese Weise sind dieselben stets von lebenden Zellen umgeben, welche noch keine Schädigung durch diese bedrohliche Annäherung erkennen lassen. Für gewöhnlich aber sind die Amöben schon weiter vorgerückt und haben schon die Submucosa erreicht, wo sie zur gegebenen Zeit die zur Gewebsnekrose führenden Stoffe ausscheiden, welcher Art diese auch sein mögen. Man gewännt nicht den Eindruck, daß die Amöbe selbst das Gewebe angreift, etwa wie ein Osteoklast den Knochen, sondern sich nur zwischen die Zellen eindrängt, welche infolge ihrer Anwesenheit in Masse zugrunde gehen. Während diese Veränderungen in der Darm wand vor sich gehen, sind naturgemäß zahlreiche Bakterien mit dabei. Welche Rolle dieselben spielen, ist jedoch schwer zu sagen.
In der Leber haben wir einen in den wesentlichen Einzelheiten ähnlichen Verlauf. In den kleinsten Herden stellen sich die Anzeichen der Nekrose der Leberzellen zuerst ohne Veränderung der ganzen Struktur ein, es treten nur einige mononukleäre Wanderzellen in den Kapillaren auf. Die Kerne der Leberzellen verschwinden oder zerfallen zu einem dunklen körnigen Detritus. In gleicher Weise werden die Kerne des Kapillarendothels und was gerade von zerstreuten Wanderzellen da ist in eine sich dunkel färbende nekrotische Masse verwandelt. Bald schließt sich diesem Prozesse eine Auflockerung der Kapillarwandungen und eine vollkommene Zerstörung des Aufbaues der Gewebe an. Mit der Ausdehnung des Krankheitsherdes wird der Zelldetritus im Zentrum immer formloser und die pyknotischen Kernfragmente schwänden dahin. Die ganze granulierte Masse färbt sich nun mit Eosin rosarot. Einige Fibrinfasern werden noch wohl darin gefunden, aber vor allem bildet sich am vorrückenden Rande der Höhlung, vv> die Zertrümmerung der Zellkerne und Gewebsauflösung stattfindet, ein fibrinöses Netzwerk. Es stellt der Vorgang somit eine mit dem Vorrüeken der Amöben gleichen Schritt haltende, modifizierte Koagulationsnekrose dar. Die Amöben bilden dabei die Vorhut der Nekrose und liegen in noch lebendem Gewebe. Auf diese Weise wächst die Höhle, wobei eine Ge websschicht, in welcher die Nekrose unter Zerbröckelung der Zellkerne und Koagulation des Fibrins im abgestorbenen Gewebe vor sich geht, den Rand bildet. So entsteht die gelblich-weiße gewellte Einfassung der Höhle, welche ihrerseits weiter eingeschmolzen und von dem flüssigen Inhalt verschlungen wird. Manchmal widerstehen die melm fibrösen Teile der Leber der Zerstörung länger als das übrige Gewebe und hangen als zusammenhängende Fetzen an der Abszeßwand.
Für gewöhnlich ist das Lebergewebe in der unmittelbaren Nachbarschaft des wachsenden Abszesses durch die Flüssigkeitsansammlung in der Höhlung komprimiert,