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geisteskranke Sträflinge oder für andere Geisteskranke bestimmt ist. Wir dürfen wohl nicht erst daran erinnern, daß der geisteskranke Sträfling in der Irrenanstalt aufhören müsse, Sträfling zu sein; als Geisteskranker eignet er sich durchaus nicht für den Zweck der Strafe, denn ihm fehlt das Schuldbewußtsein, er kann weder bereuen, noch den Vorsatz fassen, sich zu bessern. Wir dürfen den „insans eonviet", wie ihn die Engländer nennen, der während der Haft geisteskrank geworden ist, wegen seines Verbrechens ebenso wenig strafen wollen, als den „erinünal lurmtie", der in einem geisteskranken Zustande die verbrecherische That begangen hat. Man hat über den Zeitpunkt gestritten, in welchem man aufhören soll, einen geisteskranken Sträfling als Sträfling zu erachten, man hat darüber gestritten, ob man dies schon dann thun darf, wenn man noch Schuldbewußtsein bei ihm erkennt, oder erst dann, wenn die Geisteskrankheit dermaßen überHand genommen hat, daß kein Schuldbewußtsein mehr vorhanden ist. Dieser Streit verräth nur eine mangelhafte Einsicht in die Bedeutung der Geistesstörung und erinnert daran, daß der Irrthum noch nicht geschwunden sei, in Folge dessen man wähnr. daß ein Geisteskranker auf dem einen Theile seiner Geistessphäre unzurechnungsfähig, dagegen auf dem andern Theile derselben zurechnungsfähig sein könne. Wir müssen es uns versagen, hier näher auf die theilweist Zurechnungsfähigkeit Geisteskranker einzugehen, die Versicherung aber können wir geben, daß uns noch nie ein nach einer Richtung hin unzurechnungsfähiger Geisteskranker vorgekommen ist, welcher bei aufmerksamer Untersuchung nicht auch nach anderen Richtungen hin, in denen er für geistesgesund galt, Abweichungen von der gesundheitsgemäßen'Beschaffenheit des Geisteslebens verrieth. Wenn man, bei einem Sträflinge, welcher unzweifelhafte Zeichen von Geisteskrankheit verräth, noch Schuldbewußtsein vorfindet, ist man dennoch nicht berechtigt, die Strafvollstreckung fortzusetzen; ein solches Individuum muß man nicht strafen, sondern heilen, der Heilungsversuch aber muß, wenn auch nur nach einer Richtung hin die Geisteskrankheit unzweifelhaft ist, unverzüglich stattfinden und darf nicht bis zu dem weiteren Ausschreiten der Geisteskrankheit verschoben werden.
Sehr wichtig für die öffentliche Gesundheitspflege ist auch das Haftsystem, welchem erwachsene und jugendliche Gefangene unterworfen werden. — Durch die gemeinsame Hast für Erwachsene wird die dem Ge-- fangenen zu gewährende Vorbereitung für die Freiheit sehr erschwert. Dies gilt von fast allen Momenten, welche jener Vorbereitung dienen. Die Luft in den gemeinschaftlichen Arbeits- und Schlafsälen wird durch das Zusammensein so vieler Menschen verdorben, die Verführung von Gefangenen durch andere Gefangene läßt sich nicht immer verhüten, die Einwirkung des Unterrichts und der Erziehung bleibt sehr oft eine unvollkommene, Disciplinar-