Die menschliche Trypanosomenkrankheit und afrikanische Schlafkrankheit. 645
R. Koch hält die morphologischen Unterschiede der Trypanosomen überhaupt für noch nicht genügend feststehend, ehe der Entwicklungskreislauf dieser Parasiten wenigstens in seinen wesentlichsten Teilen bekannt ist.
Auch P. Manson genügen die bisherigen Aufklärungen über die pathogene Bedeutung von Iryp. gambiense noch nicht ganz, er verweist auf seine eigene irrige Hypothese über Filaria perstans bei Schlafkrankheit, auf die ungeheure Verbreitung der Trypanosomen bei scheinbar ganz gesunden Eingeborenen und hält es nicht für unmöglich, daß fast sämtliche Eingeborenen in den verseuchten Gegenden mit Tryp. gambiense behaftet seien, ohne dadurch alle zu erkranken, während die Europäer allerdings diese Widerstandsfähigkeit nicht besitzen nach Analogie des verschiedenen Verhaltens der wilden Tiere und Haustiere gegenüber der Infektion mit anderen Trypanosomen.
Außer Glossina palpalis ist Gloss. fusca ebenfalls der Verbreitung der Krankheit verdächtig, nach Ayres Kopke auch Gloss. longipalpis und Gloss. ivelhnani. Gloss. fusca kommt im ganzen tropischen Afrika vor, tritt aber nie in solchen Massen auf, wie Gloss. palpalis , sondern in geringer Zahl, anscheinend aber auch außerhalb der Nachbarschaft von Wasserläufen.
R. Koch konnte Ratten mit Trypanosomen, welche er durch Ausdrücken des Rüsselbulbus von Gloss. fusca erhielt, infizieren. Greig hat Affen den Stichen von infizierten Gloss. pallipides , Gloss. longipennis und Gloss. fusca ausgesetzt, worauf die Tiere die Erscheinungen der Schlafsucht zeigten.
Welcher Anteil an dem Krankheitsbilde bleibt nun für die in vielen Fällen während des Lebens oder auf dem Seziertisch nachgewiesenen Diplostreptokokken übrig?
Da es zurzeit nicht möglich ist, die pathologisch-anatomischen Veränderungen, besonders die mikroskopischen, mit Sicherheit auf die Anwesenheit der Trypanosomen oder ihre Stoffwechsel- oder Zersetzungsprodukte zurückzuführen, so liegt die Annahme nahe, jene Bakterien für dieselben mit verantwortlich zu machen.
Die Untersuchung von Mayer und Langstein über die Toxinbildung durch Bakterien und Trypanosomen haben eine große Übereinstimmung zwischen der Naganainfektion und bakteriellen Infektionen ergeben, indem die Blutglobuline zu-, die Albumine dagegen abnehmen. Eine entscheidende Bedeutung für die Fragen über den Stoffwechsel der Trypanosomeninfektion, die Wirkung isolierter und in Kochsalzlösung aufgeschwemmter und weiterhin durch Trypsinzusatz aufgelöster Trypanosomen usw. haben die Arbeiten noch nicht gewonnen.
Ausschließlich ihren „Hypnococcus“ sah die portugiesische Kommission als den Krankheitserreger an und stützte sich dabei auf den konstanten Befund in der Cerebrospinalflüssigkeit und in dem subaraclinoidealen Exsudat, sowie das häufige Auftreten in den verschiedensten Geweben und Organen.
Selbst Castellani war anfangs derselben Ansicht, wenn er auch die von ihm gefundenen Bakterien nicht für identisch mit denen der Portugiesen hielt, kam aber dann nach Auffindung der Trypanosomen zu der auch sofort von Bkuce vertretenen Auffassung, daß das Auftreten der Diplostreptokokken nur eine in den letzten Lebenstagen auftretende Sekundärinfektion sei.
Die Annahme, daß die Bakterien der Portugiesen und Castellaxi’s verschieden seien, beruhte auf einem durch die Mitteilungen über die Wachstumsbediugungen entstandenen Mißverständnis. Als feststehend darf es auch wohl angesehen werden, daß in den nicht seltenen Fällen, wo akute eitrige Meningitis rasch zum Tode führt, die Kokkeninfektion an dem fatalen Ende Schuld ist. Auch die oft auftretenden septikämischen Erscheinungen sind auf die gleiche Ursache zurückzuführen.
Ist aber die Kokkeninvasion ein integrierender Bestandteil des ganzen pathologischen Vorgangs oder nur eine sekundäi’e Erscheinung und nur durch Auftreten