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Bd. 3 (1906)
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613
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Infektion mit diesen neuen pathogenen Mikroorganismen gehandelt hat. Der Schwierig­keit einer Diagnose in der frühesten Periode der Krankheit ist bereits gedacht worden. Nur durch den Nachweis der Parasiten im Milzblut kann die Gewißheit erlangt werden, daß es sich in günstig verlaufenden Fällen wirklich um Kala Azar gehandelt hat.

Das einzige Medikament, dem Erfolge nachgerühmt werden, ist Chinin, aber auch über seinen therapeutischen Wert sind die Meinungen sehr verschieden. Nach Rogers vermag es in der Frühperiode in großen Dosen innerlich oder subkutan gegeben das Fieber zum Verschwinden zu bringen, die Zwischenräume zwischen den Fieberanfällen zu verlängern und, selbst wenn es das Fieber nicht völlig be­seitigt, die Temperatur bedeutend herabzusetzen und die weitere Zerstörung von Blutkörperchen zu verhindern. Auch nachdem derselbe von der Auffassung, die Krankheit sei eine Malariaform, zurückgekommen ist, hält er Chinin im Früh­stadium für nützlich, solange die Zahl der Leukocyten 2000 pr. Kubikmillimeter übertrifft. Sobald diese Ziffer nicht mehr erreicht wird, hat Chinin nach Rogers und anderen keinerlei günstigen Einfluß mehr auf den Verlauf des Leidens, wenn es auch die Höhe des Fiebers herabsetzt. Andere Beobachter, darunter Donovan, betrachten Chinin überhaupt selbst in heroischen Dosen als nutzlos.

Die Anwendung von Arsenik, Eisen, Nux vomica usw. hatte keinen besseren Erfolg. Diese und andere Medikamente vermögen wohl bei Behandlung einzelner Symptome und Komplikationen Dienste zu leisten, den Fortschritten der Krankheit selbst jedoch nicht Einhalt zu tun. Wenn es irgendwie möglich ist, muß der Kranke aus der Gegend, wo er sich die Infektion zugezogen hat, entfernt werden. In einigen Fällen folgte offenbar dem Ortswechsel Heilung und in jedem Falle ist diese weise Vorsicht, weitere Infektion zu vermeiden, geboten.

Im späteren Stadium vermag auch ein Klimawechsel höchstens das tödliche Ende etwas hinauszuschieben, nicht aber den Kranken zu retten.

Gute Pflege und sorgfältige Ernährung sind von großer Bedeutung. Die Kost soll leicht verdaulich aber möglichst nahrhaft sein, Verdauungsstörungen sind auf das Sorgfältigste zu verhüten.

Da mit dem Auftreten von Dysenterie Heilung zur Unmöglichkeit wird, so muß durch Adstringentien, Bismuth, Salol u. a. die geringste Neigung dazu be­kämpft werden.

Aussichtsvoller erscheint eine Therapie, welche auf die Wiederherstellung des normalen Verhältnisses der Leukocyten besonders der mononukleären abzielt. Durch Behandlung mit Tabletten von rotem Knochenmark oder frischem ungekochten Knochenmark suchte Rogers mit anfangs ermutigendem Erfolge diese Indikation zu erfüllen. In vielen Fällen konnte man jedoch in Calcutta auch durch eine lange fortgesetzte Knochenmarkbehandlung keine Besserung erzielen. Wenn es gelänge, auch die Zahl der polynukleären Leukocyten zu vermehren, so würde zum minde­sten die Widerstandsfähigkeit des Kranken gegenüber den sekundären, so oft den Tod herbeiführenden Affektionen und Komplikationen, wachsen.

Prophylaxe.

Da wirksame Maßregeln zur Verhütung einer Krankheit von der Kenntnis der Ätiologie der Krankheit abhängig sind, so bewegen wir uns bei der Prophylaxe von Kala Äzar noch fast ganz im Dunkeln. Wir wissen nichts von dem Leben des Parasiten außerhalb des menschlichen Wirtes und über die Wege, auf welchen er in den Körper eindringt oder ihn verläßt, Es wird aber kaum noch lange dauern, bis diese Lücken in unseren Kenntnissen ausgefüllt sein werden, und alsdann können wir mit mehr Aussicht auf Erfolg prophylaktische Vorschriften auf stellen.