Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
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Kala Äzar.

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siten nachgewiesen werden können, und daß sie dort fast ausnahmslos im Proto­plasma großer als Makrophagen anzusprechender Wanderzellen liegen.

Es wäre von großer Wichtigkeit, die genaue pathologische Natur dieser Zellen festzustellen. Gegenwärtig scheint die Annahme von Marchand und Ledingham und von Christophers am zutreffendsten, daß es vergrößerte Endothelzellen sind, welche sich von der Kapillarwand losgelöst haben. Wahrscheinlich werden durch diese Wanderzellen die Krankheitserreger im Körper verschleppt. Letztere sind jedoch auch in den Leuko- cyten des Blutes, sowohl in den Organen als auch gelegentlich im peripheren Blute ge­funden worden. Auf diesen Punkt kommen wir bei Besprechung der im Blute statt­findenden Veränderungen noch zurück.

Verlauf und Krankheitserscheinungeu.

Es ist nicht leicht die Initialerscheinungen von Kala Äzar zu be­schreiben, weil die wahre Natur der Erkrankung erst erkennbar wird, wenn alle Symptome ausgebildet sind. Im Frühstadium ist eine Verwechslung mit anderen Krankheiten, besonders mit Malaria sehr leicht möglich. Auch sind erst wenige Fälle von Ärzten von Anfang an beobachtet worden. Meistens ist man ausschließlich auf die Angaben des Kranken angewiesen.

Die Inkubationszeit ist noch nicht genau bestimmt. Aus einigen in den Beobachtungen von Rogers mitgeteilten Einzelheiten läßt sich der Schluß ziehen, daß sie von drei Wochen bis zu mehreren Monaten, von der ersten Ansteckungs­möglichkeit gerechnet, schwankt.

Die Krankheit setzt meistens mit einem oft sehr schweren Fieberanfall ein, welcher entweder remittierend oder intermittierend ist und manchmal von Schüttel­frost begleitet wird. Bentley gibt jedoch an, daß andere Fälle unter den Erschei­nungen eines Magendarmkatarrhs oder von Dysenterie beginnen, vielleicht auch von Pneumonie. Vielfach tritt nur eine allmählich zunehmende Schwäche ein, welcher sich die Milzschwellung und die anderen Krankheitserscheinungen anschließen.

Das initiale Fieber kann zwei bis sechs Wochen oder länger dauern und während dieses Zeitraums fangen Milz und Leber gewöhnlich an anzuschwellen und zu schmerzen.

Dann folgt eine fieberfreie Periode, aber nach längerer oder kürzerer Pause kehrt das Fieber wieder, zeigt denselben unregelmäßigen Typus wie zu Beginn der Krankheit und hört wiederum nach einiger Zeit auf.

Ähnliche Anfälle folgen sich in kürzeren Zwischenräumen bis sich ein zweites Stadium mit konstantem mäßigen Fieber ausbildet.

Während all dieser Anfälle nimmt die Anschwellung von Milz und Leber zu, so daß diese Organe enorme Dimensionen annehmen. Gleichzeitig tritt eine fortschreitende Anämie auf.

Die durchschnittliche Dauer des ersten Stadiums ist bei der epidemischen Form 13 Monate.

Das zweite Stadium, konstantes mäßiges Fieber mit starker Milz- und Leber­schwellung, wachsender Blutarmut und Schwäche ist durch das Eintreten der Mehr­zahl der unten näher beschriebenen Symptome charakterisiert. Seine Dauer ist sehr verschieden, Ross bemißt sie im Durchschnitt auf 712 Monate. Allmählich geht es in das dritte oder das Endstadium der Kachexie über, in welchem das Fieber ganz unregelmäßig werden und für längere Zeit ganz verschwinden und die Temperatur sogar unter die Norm sinken kann.