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Dr. Hans Ziemann.
zweier solcher Fälle, wo die Patienten wochenlang vorher Chinin in größten Mengen wegen angeblicher Malaria genommen hatten. Sorgfältige Blutkontrolle oder eine Probepunktion der Leber müssen bei Zeiten die Diagnose sichern, um nicht durch nutzloses Warten ein Menschenleben zu gefährden. Alle die klassischen Symptome der Leberentzündung bzw. eines Abszesses können ganz gegen die Angaben der Lehrbücher auch fehlen. Die Diagnose wird dann noch schwieriger, wenn Mischinfektion von Leberabszeß mit Malaria vorliegt. Beispiel:
Pflanzer F. aufgenommen 1899 im Kameruner Regierungshospital, seit über 1 Jahr in den Tropen, mit denkbar geringem Komfort in ungesunder Pflanzung im Kamerungebirge lebend, hat seit einigen Wochen Diarrhöe, sonst keine Beschwerden. Colon ascendens etwas verdickt, Leber 2 Finger den Rippenbogen überragend, nicht druckempfindlich, leichter Milztumor, grauer fahler Teint. Allgemeinbefinden angeblich ausgezeichnet, angeblich starker Appetit (Verlangen nach einem großen Beefsteak). Im Blute kleine und mittelgroße Perniciosaparasiten. Temperatur 87,8. Am anderen Morgen plötzlich Exitus durch Herzlähmung. Bei der Sektion ein sehr großer Leberabszeß von dem Volumen einer großen Sektflasche, mit zottigen Wänden, ausgestopft mit Amoeben. Im Dickdarm alte, vernarbte und frische Dysenteriegeschwüre.
Meistens wird außerordentliche Mattigkeit, Appetitlosigkeit und Aufstoßen, schneller Kräfteverfall, Druckempfindlichkeit und spontane Schmerzhaftigkeit der Lebergegend, Oberflächlichkeit der Atmung, Schmerzen, ausstrahlend nach den Schultern, besonders der rechten, vor allem auch das Auftreten pleuritischer Erscheinungen an Leberentzündung bzw. Abszeß denken lassen. Wenn auch zweifellos bei Leberabszeß die erwähnten Symptome zeitweise nachlasseu können, um verstärkt wiederzukehren, ist dieses ev. intermittierende Verhalten doch nie so ausgesprochen wie bei den Symptomen der Malaria.
Bei deutlicher Leberentzündung bzw. Abszeß kommt es ferner, wie ich bisher in allen Fällen gefunden, zu einer im Vergleich mit der Malaria so hochgradigen Leukocytose, Vermehrung der polymorphkernigen Leukocyten, daß dies direkt differentialdiagnostisch zu verwerten ist. (Vgl. Leukocytenbefunde bei Malaria.)
Tuberkulose, insbesondere Miliartuberkulose, kann klinisch außerordentlich an Malaria, insbesondere Perniciosa erinnern.
Verf. verlor einen Kollegen, Regierungsarzt in Kamerun, dessen Miliartuberkulose anfangs ganz unter dem klinischen Bilde einer schweren Tertiana perniciosa verlief, um erst einige Tage vor dem Tode gänzlich unregelmäßigen Fiebertypus anzunehmen. Auch bestand erheblicher Milztumor, indeß hatte die Blutuntersuchung schon vorher Malaria ausgeschlossen. Der (resamthabitus. das Fehlen von Milztumor bei gewöhnlicher Tuberkulose, die Wirkungslosigkeit des Chinins, der physikalische Befund über den Lungen wird Malaria ausschließen. Craig sah bei über 150 kranken amerikanischen Soldaten, die als angeblich Tuberkulöse und chronisch Dysenteriekranke etc. von den Philippinen als Invalide zurückgeschickt wurden, als einzige wirkliche Ursache ihrer Erkrankung die Perniciosa bzw. Tertiana. Ein äußerst schlagender. Beweis für die Wichtigkeit der Differentialdiagnose.
Pneumonia fibrinosa dürfte wegen des charakteristischen Sputums und des physikalischen Befundes sich von Malariapneumonien (vgl. diese) unterscheiden lassen, auch wenn es bei der fibrinösen Pneumonie zu intermittierendem, also atypischem Fieberverlaufe gekommen ist.
Typhus abdominalis, Paratyphus, Colibacillosen.
Typhus abdominalis kann, wenn der Fall im Stadium der steilen Kurven in Zugang kommt, an Malaria denken lassen. WiDAL’sclie Probe bzw. Benutzung des FiCKER’schen Tvphusdiagnostikums muß die Diagnose sichern. Das FiCKER’sche