Tropische Leberkrankheiten
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im Zusammenhänge mit dieser Frage vielfach erörtert worden, bei gewissen Methoden der chirurgischen Behandlung hängt der Erfolg der Operation geradezu von dieser Sterilität ab. Aus den vorhergehenden Ausführungen über die Bakteriologie der Abszeßhöhle geht schon zur Genüge hervor, daß nur in einer geringen Zahl von Fällen der Eiter wirklich steril ist und daß meistens Bakterien, oft von hoher Virulenz, darin vorhanden sind. Das ganze Verfahren birgt deswegen gewisse Gefahren, aber in Wirklichkeit kommt es unter einer großen Zahl von Fällen so selten zu einem unglücklichen Ausgange, daß die Sicherstellung der Diagnose das Risiko des Kranken bei der Ausführung zweifellos aufwiegt.
In einigen Arbeiten findet man die Behauptung, daß die bloße Aspiration einer gewissen Menge von Flüssigkeit ausreiche, um einen im Stadium seiner Entwicklung entdeckten Abszeß zur Heilung zu bringen. So viel darf man von einem solchen Eingriff wohl kaum erwarten.
Die Vervollkommnung der Punktion des Leberabszesses durch die Anwendung des Troikars und der Kanüle an Stelle der Aspirationsnadel oder deren Einführung in den Stichkanal nach gelungenem Nachweis von Eiter (P u n k t i o n s d ra i n a g e) hat viele Anhänger gefunden. C ambay wandte, anscheinend als der erste, eine Metallkanüle an, welche er nach Entfernung des Troikars in der Wunde beließ. Viele andere übernahmen das Verfahren, besonders Sachs bevorzugte dasselbe in Ägypten, wo es lange in Gebrauch blieb. Nach den verschiedensten Richtungen ist diese Methode modifiziert worden, in der Hauptsache besteht sie aber in der Bestimmung des Vorhandenseins und Sitzes des Eiters in der Leber, worauf unter Leitung der Hohlnadel Troikar und Kanüle zwischen die Rippen hindurch oder durch die Bauchwand eingeführt werden. Zwecks leichterer Einführung des Instruments wird häufig auch ein Schnitt durch die Haut und oberflächlichen Gewebe vorgenommen. Andere empfehlen statt der festen Dauerkanüle, welche den Vorzug hat, bei den Bewegungen der Leber nicht zusammengedrückt oder verdreht werden zu können, ein elastisches Drainrohr von genügender Weite und Länge. Dieses kann durch die Kanüle in den Abszeß eingeführt werden, worauf letztere über die elastische Röhre hinweg aus der Wunde hervorgezogen werden kann. Auch zur Beschleunigung des Eiterabflusses durch solche Drains sind besondere Methoden angegeben worden, man hat z. B. vorgeschlagen, Gegenöffnungen zu machen, ähnlich wie es beim Abzapfen eines Fasses geschieht. Da auch bei diesem Verfahren nicht selten nur eine ungenügende Entleerung der Abszeßflüssigkeit erreicht wird, so sind allerlei Saugvorrichtungen ersonnen worden.
Hiernach ist es einleuchtend, daß das Verfahren eine gründliche Drainage der ganzen Abszeßhöhle keineswegs sichert. Man ist deswegen in manchen Fällen dazu übergegangen, nach dem Einlegen des Drains eine A u s s p ü 1 u n g mit schwachen antiseptischen Lösungen vorzunehmen und zu wiederholen, bis die Flüssigkeit klar abfließt.
Trotz aller Empfehlungenseitens einiger Autoren ist in den letzten Jahren diese Operation mehr und mehr zugunsten anderer Methoden, wobei die Leber weiter eröffnet wird, aufgegeben worden. Kleinere Abszesse können selbstverständlich auch durch die Punktion zur Heilung gebracht werden, und auch Smits, sonst ein lebhafter Gegner derselben, hat dieses in einem Falle festgestellt. Aber, wenn die Statistiken auch kein ganz sicheres Bild geben können, so scheint es doch, daß der Erfolg die Ausführung der Punktion in allen den Fällen kaum rechtfertigt, wo ein anderes mehr befriedigenderes Verfahren anwendbar ist.
Aus der Statistik ist ein gleichmäßiges Ergebnis nicht zu gewinnen. Jimenez punktierte die Abszesse bei 297 Kranken, von denen 242 oder 82°/ 0 starben, während de Castro die Sterblichkeitsziffer bei großen Abszessen ohne weitere Operation nur durch