Teil eines Werkes 
Bd. 3 (1906)
Entstehung
Seite
51
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Tropische Leberkrankheiten. 51

Weiterung der zur Bildung eines kollateralen Kreislaufs geeigneten Yenen und leichtem Ascites.

Alle Autoren gedenken der profusen Schweißabsonderung, welche bei Tag oder bei Nacht ein treten kann und «die Bettwäsche zum großen Unbehagen des Kranken triefend durchnäßt. Für gewöhnlich aber ist die Haut heiß und trocken.

Anorexie besteht in der Regel schon in den ersten Tagen der Erkrankung. Der Widerwillen gegen jede Nahrung kann so ausgeprägt sein, daß die Ernäh­rung des Kranken auf große Schwierigkeiten stößt. Übelkeit kommt ebenfalls häufig vor und kann sich bis zu heftigen Brechanfällen steigern. Letztere treten jedoch meistens in Verbindung mit den unten zu beschreibenden Husten- paroxysmen auf.

Das Erbrechen wird in vielen Fällen, wie Manson betont, durch den Druck der angeschwollenen Leber hervorgerufen oder beruht auf einer Veränderung der Magenschleimhaut selbst. Das Erbrochene ist oft intensiv gallig gefärbt. Die Zunge zeigt die Zahneindrücke und einen dicken gelben oder gelblichbraunen Belag.

Für gewöhnlich leiden die Kranken neben den übrigen Symptomen an Durch­fällen, welche mit den ursächlichen dysenterischen Veränderungen im Darm fort- dauern, in manchen Fällen kommen aber mit der Entwicklung des Abszesses die Diarrhöen zum Stillstand, und es tritt während des ganzen weiteren Verlaufs zeit­weilig Verstopfung auf, von Zeit zu Zeit von Durchfällen unterbrochen. Bei sorg­fältiger Untersuchung des von Blutstreifen durchzogenen Schleimes und der Flüssig­keit kann man in diesen diarrhöischen Stühlen stets Amöben entdecken.

Die Kranken machen den Eindruck schweren Leidens, sind apathisch und abgestumpft. Die Haut ist bleich. Wenn die Blässe auch weniger ausgeprägt ist als bei den verschiedenen Formen von Anämie, so bekundet sie sich doch in dem perlweißen Farbentone der Conjunctiva. Ihr Weiß ist nicht rein, sondern hat einen Stich ins schmutziggelbliche (Päleur icterique Dutroulaus). Sachs verwies später auf den charakteristischen Kontrast zwischen dem Farbenton der Haut und der Conjunctiva und übernahm die Bezeichnung Dutroulaus. Wirkliche Gelbsucht ist selten. Ihr Auftreten läßt nach Dutroulau auf eine neue Komplikation schließen.

Das Fehlen von Ikterus ist erklärlich, denn die Gallenblase und die wichtigsten Gallenwege sind selten affiziert, und wenn ein Gallengang in der Leber komprimiert wird, so ist der betreffende Leberteil meistens durch die ausgedehnte Nekrose außer Funktion gesetzt. Andererseits ist bei cholangitischen Abszessen das Auftreten von Ikterus eine natürliche und allbekannte Erscheinung.

Die Blässe der Haut braucht nicht übermäßig stark zu sein. Futcher kommt bei einer Durchsicht aller hier beobachteten Fälle zu einer fast normalen Zald von roten Blutkörperchen auf den Kubikmillimeter. Möglicherweise rührt diese Er­scheinung von der Eindickung des Blutes infolge des starken Flüssigkeitsverlustes durch den Stuhlgang her, so daß F. dieselbe sehr wohl als eine milde sekundäre Anämie bezeichnen kann.

In 31 Fällen unkomplizierter Amöbendysenterie war der Durchschnitt der roten Blutkörperchen im Kubikmillimeter 4802000, der Leukocyten 12600, der Hämoglobin- gehalt war 63%. In 15 mit Leberabszeß komplizierten Fällen beliefen sich die roten Blutkörperchen auf 4250000, die weißen auf 12600, der Hämoglobingehalt war 66%. Die Zählung der verschiedenen Leukocyten zeigte im Durchschnitt eine relative Zunahme der polymorphonukleären Leukocyten, die eosinophilen Zellen waren im normalen Ver­hältnis vorhanden. Rogehs stellte in Indien bei Fällen von Amöbenabszeß eine starke Zunahme der Leukocyten fest und hält diesen Befund für diagnostisch wichtig. Auch Boinet gibt, wenn auch etwas unbestimmt und ohne zahlenmäßige Belege, den Eindruck wieder, daß bei Leberabszeß die Leukocyten zunähmen, und daß diese Tatsache diagnostisch

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