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Wochenschau.
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Schilderung der Zustände in Lcopoldstadt und besonders einer Soiree bei, dem Com­mandanten Rupertus, wo der Wirth seinen großenthcils Magyarischen Gästen eine seiner schriftstellerischen Deutschen Arbeiten vorliest, ist eine der gelungensten Partien des Buches. Von Lcopoldstadt wird Herr M. wieder durch ein Decrct des LandeSvcrthcidiguugs- ausschusses abberufen, und wir finden ihn bald daraus als Leiter und Restaurator der Generalstabskanzlci in Ösen, wo er mit einem naseweisen Gr. N., der sich der militairi- schen Ordnung und Disciplin nicht fügen will, kurzen Proceß macht und ihn zum Profoscn schickt. Allein Gras N. ist ein Prot6gö von Madame Kossuth, und so kommt Herr M. in den ,-,Salon der Präsidentin," wo ihm wie es wenigstens aus M.'s Schilderung hervorgeht auf eine sehr ungeschickte Weise der Antrag gestellt wird, sich zum Spion gegen Frau von Gvrgci gebrauche» zu lassen, was Herr M. natürlich . . . zurückweist? Nein, Er war vor Indignationsprachlos", und sein guter Genius, der ihm die furchtbare Anstrengung ersparen wollte, seinem empörten Ehrgefühl Worte zu geben, brachte Frau von Görgei selbst dazwischen, und nach deren Weggehen sagt die Frau Präsidentin,daß es sich nicht der Mühe zu lohnen schiene, .Frau v. Görgei's Inneres zu erforschen. Die letzte Mission M'S. ist, Depeschen in die ccrnirte Festung Pcterwardcin zu tragen, welcher Ausgabe er sich mit ziemlichem Glück, aber wenig kriegerischer Sicherheit und Energie entledigt. Auch diese Partie ist sehr hübsch er­zählt, nur verfällt Herr M. am Ende in eine überflüssige Zote; er erzählt uns nämlich von einer Orgie in Neusatz, bei welcher ciu Pater den Vorsitz hatte, der die betrunkene Gesellschaft in ein Vordel führt. Bei seiner Rückreise nach Pcsth erhält M. in Czcglid die Kundevon der Einnahme Rabs dnrch Windischgrätz, von der verlorenen Schlacht bei Moor, und von dem Entschluß der Repräsentanten: Parlament und Regierung »ach Debreczin zu verlegen," und da Herr M. ebendurch einen unglücklichen Sturz von einer nndressirten Rcmonte arg beschädigt war," so wurde erlebensübcrdrüßig" trotz dem, daß ihm Freuud Klapka selbst die Kunde von seiner Ernennung zum Major im Generalstabe überbrachte, undbald darauf schulterte die Oestrcichischc Schildwache vor seiner Thür." So ist der Mann, und so sein Buch. 3. Neueste Chronik der Magyaren, von PH. Korn. Erster Band. Hamburg und Newyork, Schubert. 1831. Herr Philipp Korn war früher Antiquar-Buchhändler in Preßburg, und gab zu Anfang des vorigen Decenniums eine Volksschrist in Flugblättern heraus,Krcuzcrge- schichtcn" genannt. Während der Revolution war er Hauptmann bei der Deutschen Legion. Nach der Katastrophe flüchtete er nach der Türkei, wo er das Material zu sciuem Buche gesammelt haben will. Das Buch ist durchaus demokratisch mit glühendem Haß gegen Görgei, aber doch ziemlich mäßig gehalten, und Manches darin wie der Zng der Emigranten über dcu Balkan,"Kvssuth's Leben in Schnmla" schön erzählt. Ueber die Glaubwürdigkeit mancher neuen Daten muß uns einiger Zweifel aus­gehen, da Herr Korn in der Türkei Gelegenheit hatte, sich von Manchem gut unterrichten zu lassen, und er deunvch Daten aufgenommen hat, deren Unrichtigkeit hente außer allem Zweifel steht. So läßt er Kossuth iu Arad den Reichstag versammeln, nud durch diesen die Dictatur an Görgei übertragen; ferner läßt er Barth. Szcmere und Seba­stian Vukovich die Abdaukuugsacte uuterschreibcu, obwol es coustatirt ist, daß iu Arad von einem Reichstage nie die Rede war, und daß Sz. und V. die Abdicationsactc nicht unterfertigt haben.