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Nuan Shih-kai : Ein Stück moderne chinesische Geschichte
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!)uan Shih-kai

Generalissimus der chinesischen Armee, der Kriegsminister, war ein Mnndschu, der hohes Ansehen beim Hofe genoß: T'ieh Liang. Bis gegen das Jahr 1906 war T'ieh Liang ein Freund und Verbündeter Auau Shih-kais gewesen, der dessen Arinee-Reorganisieruugspläue während seiner Amtszeit in verschiednen hohen Posten der Hauptstadt nach Möglichkeit gefördert hatte. Aber waren persönliche Differenzen der Grund, war es die staatsmännische Einsicht von der Bedeutung der Zentralisation der Armee uud ihrer Kontrolle von der Haupt­stadt aus, oder kamen beide Motive hier zusammen: kurz, T'ieh-Liang war kaum Kriegsminister geworden, als er die Kontrolle der gesamten Armee in seiner Hand zu vereiuigeu beganu uud damit Auau Shih-kai aller effektiven Machtmittel beraubte. Wie wohlgezielt der Schlag war, uud wie hart er ge­troffen hatte, können wir nur aus der sich offen zeigenden Feindschaft und Eifersucht der beiden Männer beurteilen.

Politisch betrachtet war die Vereinigung des Oberbefehls in einer Hand außerordentlich wichtig, wenn mau bei der kurzen Frist, die man sich zur Reorganisation der Armee gestellt hatte, brauchbare Resultate erreichen wollte, und diese Heeresorganisation war nur wieder eiu Teil der gewaltigen Reformen, die man in China eingeleitet hatte, um, dem Beispiele Japaus folgend, den Staat auf die Höhe westlicher Mächte zu heben. Die Reformen erstrebten einen völligen Umsturz der bestehenden veralteten Einrichtungen nnd wurden unter dem Druck der Presse und des nach fremdein Muster gebildeten Jnng-Chinas mit größtem Eifer, wenn nicht Überstürzung betrieben. Au hervortretendster Stelle steht neben der Heeres-Reorgmnsation die Verwaltnngsreform, die als letztes Ziel die Umwandlung Chinas in einen Verfassuugsstaat anstrebt.

Uuau Shih-kai, der nach dem Verlust des Oberkommandos über seine Truppen keiueu Ehrgeiz mehr darin sehen konnte, Vizekönig in Tientsin zn bleiben, folgte dein im August 1907 in die Zentralregierung nach Peking berufnen Vizekönig von Hnkuang Chaug Chin-Tuug uach, um iu der Zentral­regierung seine .Kräfte für die Neubildung seines Vaterlandes einzusetzen. Seiu Hauptwerk uud Hauptverdienst liegt in der Förderung, die er der Verfassungs­frage cmgcdeihen ließ, und was er hier geleistet hat, wollen wir im Folgenden in kurzen Zügen schildern.

Seit den? Kriege mit Japan hatte China die Überlegenheit Japans, besonders auf militärischem Gebiet, stauneud erkannt. Das Jahr 1900 hatte China zwar wieder mit seinein Nachbarstaat in andre als freundschaftliche Beziehungen gebracht, aber es war erst der russisch-japanische Krieg, der Chinas Aufmerksam­keit intensiver auf Japan lenkte. Hatte das Jahr 1900 das alte Prestige abend­ländischer Macht und Gesittung schon stark erschüttert, so brach nach dem russisch­japanischen Kriege der Glaube an die absolute Vormacht der europäischen Kultur zusammen; jene vielgerühmte, sehr bewunderte uud immer gefürchtete Macht war nur relativ uud, was mehr war, sie war selbst asiatischen Staaten nicht unerreichbar. Es war uur uatürlich, daß das China, das iu ohnmächtigem Zorn die Deinütigungen der Jahre 1895, 1898 uud 1900 hatte über sich ergehen lassen müssen, stauueud uud voll Neid auf Japan sah, nnd die Folgerung, daß das, was Japan geleistet hatte, auch Chiua möglich sein müsse, drängte sich ihm von selbst auf. Man glaubte die Wurzel alles Erfolges iu Japan iu dem Gefühl der Nationalität, das alle Kreise beherrschte, suchen zn müssen und hoffte von dessen Erweckuug in China dieselben Resultate. Mau sah klar, daß dieses Ziel nur erreicht werde» köuue, weuu man in dem Volk Interesse für deu Bestand uud die Regierung des Landes wecke, und daß dies unr im