Contribution 
Die Parteien im italienischen Parlament.
Page
401
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Die Parteien im italienischen Parlament.

Die Einheit jener großen Nationalpartei, welche sich schon vor 1859 ge­bildet hatte und in den folgenden Jahren die feste Stütze der Cavour'schen Politik war. besteht längst nicht mehr. Auch Cavour hätte schwerlich auf die Länge seine Getreuen zusammengehalten, und die Scenen, die er noch selbst im Parlament mit Garibaldi hatte, kündigten bereits die erbitterte Fehde an die seitdem um sein Erbe geführt wird. Es macht dem politischen Tact der Italiener alle Ehre, daß sie es wenigstens damals verstanden das Vaterland über die Secten zu stellen, daß dort, durch bittere Erfahrungen belehrt, alle Parteien, die Monarchisten und Republikaner, Unitarier und Föderalisten auf dem Boden eines Compromisses sich einigten, der so lange währte, bis die Grundlagen der Wiedergeburt gesichert waren. Es hat allen Anschein als ob es in Deutschland selbst in den entscheidendsten Momenten vergeblich wäre, allen Parteien die Einsicht zuzumuthen. daß es Zeiten gibt, in wel­chen das Vaterland die oberste und einzige Rücksicht ist.

In Mailand ist dieser Tage eine Schrift erschienen, welche mitten in die heiße Arbeit hineinblicken läßt, welche den patriotischen Agitatoren da­mals jene Vereinigung der Parteien kostete. Ausonio Franchi, der bekannte Freidenker, hat nämlich die Correspondenz des unlängst verstorbenen Lafarina herausgegeben, der erst Seeretär, dann Präsident des Nationalvereins und immer dessen Seele gewesen ist, treu in den Fußtapfen Manin's wandelnd, von welchem zuerst die Anregung zu jenem Compromiß ausging. Es gehörte ganz diese unverwüstliche Arbeitskraft, diese selbstlose Hingebung an die Sache dazu, wie Lafarina sie besaß, um den Einwendnngen und Rechthabereien der Parteien zum Trotz mit dem Grundsatz durchzuringen, daß man jeden Weg, wenn er nur zum Ziele führe, einschlagen müsse, ob er zu den bisherigen dogmatischen Glaubensbekenntnissen passe oder nicht.Mit dem König von Piemont, wenn er seine Krone für Italien einsetzt; wo nicht, nicht."

Aber dieselbe Publication ist zugleich ein sprechender Beweis, wie weit entfernt Italien heute von jener freiwilligen und freundschaftlichen Neutrali- Grenzboten. IV. 18V8. , Sl