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Das Fell des Thiers war nach außen gekehrt, der Nock von innen mit Seide wattirt. Dieser Anzug war leicht, warm und bequem; da ich außerdem einen Pelz besaß, so konnte ich auf der Reise jeder Kälte trotzen. Der dritte Februar, Namenstag meiner Frau, war der Tag unsers Abschieds und der letzten Zusammenkunst in der Festung ; Tags darauf sollte ich abreisen. Ich wußte das im Voraus, weil an demselben Tage M. M. Narysch- kin, Lohrer und zwei Brüder Beläjew abgefertigt worden waren und nach diesen die Reihe an mich kommen sollte. Ich bereitete meine Frau dazu vor und wiederholte meinen Wunsch, daß sie mir nicht eher folgen möchte, als bis mein Sohn gehen könne und das Durchbrechen der Zähne überstanden habe. Wir wußten damals noch nicht, daß den Frauen der Verurtheilten nicht gestattet sei, ihre Kinder mitzunehmen. — Um Trostgründe für meine Abreise war ich nicht verlegen; ich stellte meiner Frau vor, wie nothwendig es meiner Gesundheit sei, wieder frische Luft zu athmen, daß das einstündige Wiedersehen einmal in der Woche auf die Dauer nicht erfreulich für sie sein werde, zumal sie bemerken müsse, wie rasch die Einkerkerung meine Gesundheit untergrabe. Seit dem Anfange des Winters hatten unsere Spaziergänge gänzlich aufgehört, die spärliche Lampe gestattete kaum einige Minuten nach einander das Lesen, durch Unachtsamkeit der Wächter brannte der eiserne Ofen bald einen alten Handschuh, bald einen Fettlappen an, so daß die ohnedies schon verpestete Luft noch verderblicher wurde; ich fühlte wirklich, daß meine Kräfte langsam aber stetig abnahmen. Alles, was ich meiner Frau in Gegenwart des Platzadjutanten sagen konnte, theilte ich ihr mit. Zum zweitenmale schlug ich ab, heimlich Geld mitzunehmen. Jedem von uns war erlaubt, fünsundneunzig Rubel Banko-Assign. zu haben, die der Verwahrung des Begleiters übergeben werden mußten. — So nahmen wir einen langen, schweren Abschied; meine Frau gab mir ein kleines hölzernes Kreuz aus Jerusalem, welches auf ihrer Brust und auf der Brust meines Sohnes geruht hatte. Meinen Sohn konnte ich an diesem Abschiedstage nicht sehen, weil Skropheln seine Wangen bedeckten. Vielleicht hätte der Platzadjutant Nikolajew unsere letzte Zusammenkunft verlängert, aber dies würde die Trennung doch nicht erleichtert haben.
Den S. Frbruar saß der Platzadjutant länger als gewöhnlich auf meinem Bett und zeigte mir an. daß er mich noch in dieser Nacht zu meiner Abreise abholen werde. Im Winter erfolgt die Abfertigung Verurtheilter um Mitternacht. Ich hatte Zeit, mich vorzubereiten, das heißt, ich empfahl mich und Alles, was mir theuer und lieb war, dem allliebenden, allmächtigen Vater. Die Uhr schlug eilf, noch einmal tönte die einförmige Melodie Koä save tluz Km? an mein Ohr; ich war froh dieses Geläute zum letzten Mal gehört zu haben. Dann schob Sokolow eilig die Riegel meiner Zelle auf; ich konnte ihn um-