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Niels Glambäk : wie er ein Mann wurde : zweiter Teil
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Maßgebliches nnd Unmaßgebliches

Ein ununterbrochner traumloser Schlaf, ein verwundertes frohes Aufwachen, alles Unbehagen vergessen, die Sonne in den Fenstern, Cousine Marie in den Gedanken!

Sind Sie noch nicht auf? tönten junge eifrige Stimmen vor seiner Thür. Wir haben ausgemacht, daß wir heute bummeln wollen. Komineu Sie mit?

Jawohl! antwortete Niels und war mit einem Sprung ans dem Bett. Wohin?

Nach Jakkenjak!

Allemal! rief Niels.

Maßgebliches und Unmaßgebliches

Lenaulitteratur. Es ist eine leider kaum zu bestreiteude Thatsache, daß das Gebiet der deutschen Litteraturgeschichte mit Vorliebe von Dilettanten als Tummel­platz benutzt wird. Und niemals pflegen sie geschäftiger an die Arbeit zn gehn, als wenn sie sich berufen fühlen, eiu leichtes und seichtes Festschriftchen oder Jubi- läumsartikelchen zu fabrizieren. Zu dieser Kategorie gehören auch zwei Broschüreu, die sich mit Nikolaus Lenau beschäftigen. Das eine Schriftchen ist von Adolf Kvhut verfaßt und als zehntes Heft der biographischen SammlungBedeutende Männer aus Vergangenheit und Gegenwart" erschienen (Berlin, Hugo Schildbcrger); das andre hat Theodor Gesky zum Verfasser und trägt den TtitelLenau als Naturdichter." Das erste taugt so wenig wie das zweite. Jenes bringt in scha­blonenhafter Disposition ganz willkürlich und lückenhaft, was sich gerade darbietet. Nirgends Entwicklung, nirgends ein Verweilen, bis eine den andern Flüchtigkeiten kongeniale Lebensskizze das Opus krönt. Die gespreizten Superlative des Lobes geben eine anmutige Nüance zu dem trivialen Phrasengeklingel. Es lohnte sich wahrlich nicht, auf solche Drucksachen einzugehn, wenn nicht ein gut Teil Prätension einen energischen Protest herausforderte. Auf der Umschlagseite behält sich uämlich der Verfasser das Recht der Übersetzung ausdrücklich vor. Nun die Blamage wird ihm Wohl niemand anthun. Die andre Broschüre (Leipzig, 1902, Verlag von O- Gracklauer) nennt sich stolz eineliterarhistorische Abhandlung" und will ein Geburtstagsgeschenk zur Säkularfeier sein. Auch hier findet sich eine biographische Skizze. Sie dient hier als Prolog. Über ihre Güte war ich nicht mehr im Zweifel, als ich mir schon ans den ersten paar Seiten eine ganze Reihe Fragezeichen anzumerken hatte. Was dann folgt, steht ganz auf der Höhe des Vvraus- gegauguen, d. h. eine Excerptcusammluug, dürr uud dürftig, an einem dünnen Fndchen nach Belieben aneinander gereiht das geistige Band fehlt. Dabei war das Thema wirklich dankbar, setzt aber gründliche Kenntnis der gesamten Dich­tungen Lcnans, uud uicht nur der Lyrik, voraus, sowie der zahlreichen Brief- Publikationen. Der Verfasser scheint aber ohne die Krücke der Litteratnrgeschicht- schreiber nicht recht gehn zu können. Ans Schritt und Tritt begegnet man derartigen Zitaten, denen er unermüdlich die Nota I zubilligt. Was er selbst geleistet hat, eriuuert lebhaft nu Popes mustergiltiges Rezept, das man versucht ist, dahin zu modernisieren: Nimm einige Dutzend Exeerptenzettel aus Lenaus Gedichten, ferner ein paar Seiten von Salomous, Vilmars, Hillebrands und Lindemanns Litteratur­geschichten, vergiß auch eiu Blättchen von Heinrich Kurz nicht, dazu mische eiu Paar Probeu von Leimbach, Wulckow und Schurz, vor allem aber von Rudolf von Gott­schalls Werken «zuÄntuw satis, schüttle es fein säuberlich durcheinander und sieh zu, was dabei herauskommt! Eiuclitterarhistorische Abhandlung" gewiß nicht. Schade, daß der Verleger dieses unfruchtbare Schulprogramm zum Neudruck nn-