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Die Kunst : Erzählung :
(Fortsetzung)
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Die Kunst

Erzählung von Theodor Duimchen (in Dresden) (Fortsetzung)

anrile hatte viel Beziehungen gehabt, aber niemand hörte etwas von ihm. Nach Jahr und Tag berichtete nur ein Freund der Mollerschcn Familie, der mit seiner Frau aus einer Sommertour nach der sachsischen Schweiz durch Dresden gekommen war, daß ihnen dicht au der Blcisewitzer Straße vom Wagen aus einige Steinmetzwerkstütten aufgefallen wären, und in einer von ihnen hätte zwischen Marmorplatten, Grabtafeln und.Grabkreuzen in langem grauem Kittel Vaurile gestanden, im Gespräch mit einem andern Herrn im Rock, der dem Anschein nach der Besitzer gewesen sei und ihm Anweisungen gegeben habe. Herr Möller hatte es zu Hause erzählt, schon weil er glaubte, daß es seiner Nichte bekömmlich wäre. Also Steiumetzgesell! das ist nun das Ende des großen Mannes. Aber es ist kein Wunder, er war ebensowenig ein wirk­licher Künstler wie er ein ordentlicher Geschäftsmann war, er war von beiden etwas, aber nichts ordentliches.

Aber Erika von Haltern hatte aus der ganzen Nachricht nur eins heraus­gehört: er arbeitete. Sie sollten schon noch staunen über das, was er konnte. Auch sie hatte nie eine Nachricht von ihm erhalten, und doch wußte sie, so sicher wie daß sie lebe, daß er arbeiten und Erfolg haben würde, und daß er kommen würde, sie zu holen, wenn er wieder fest stünde im Leben. Sie hatte auch nie Sorge, daß das am Ende nicht zeitig genug geschehen würde. Sie konnte warten, und sie wartete ruhigen Herzens.

Seitdem waren schon zwei Jahre vergangen, sie war inzwischen acht­zehn Jahre alt geworden. Sie wurde viel umworben. Da ihr Vormund kinderlos war, so war sie die einzige Erbin des großen Vermögens. Es war zwar zu erwarten, daß Moller einige große Legate aussetzen würde, um durch eine Mollerstiftung oder ein Mollersches Krankenhaus oder etwas ähnliches den Klang seines Namens auch bei den nachwachsenden Enkelgeschlechtern zu erhalten; dennoch blieb die schöne Erika von Haltern eine der allerbesten Partien. Die Söhne der ersten Familien lenkten ihre Blicke auf sie, und die Väter waren durchaus damit einverstanden.

Onkel Moller hatte aber besondre Pläne mit Erika. Daß ihr zukünftiger Gatte reich sein mußte, sehr reich, außerordentlich reich, war selbstverständlich;