Plattdeutsche Humoristen,
seinen harmlosen Narren hat, der mit ihnen lacht über die heitern Situationen, in die sie durch ihre Narrhcit geraten, der sich selbst nicht genug thun kann an den Expektorationen ihrer eignen eingebildeten Weisheit, deren anfmcrksamster und dankbarster Znhörer er selbst ist, besonders wenn sie sich in dem köstlichen, das Hochdeutsch radebrechenden „Missingsch" ergehen; kurz ein Erzähler, der seine glücklich beobachteten Gestalten herzlich liebt, ohne sie entfernt verschönern zu wollen oder sich für ihre Fehler blind zu stellen: ein realistischer Humorist. Nur ist zu bedauern, daß er die Kunst der Kompositiou noch nicht beherrscht und, wiewohl er in einzelnen Szenen Zeugnis dafür ablegt, daß er auch edlern und tiefern Humor als den der burlesken Situation kennt, doch mit Vorliebe die letztere hänft. Er kennt genau seine Charaktere; aber da er sie nicht nach nnd nach sich entfalten läßt, sondern sie gleich anfänglich fertig einführt, so beraubt er sich selbst eines der wertvollsten Reize dichterischer Darstellung; die Narretei als solche ermüdet schließlich auch den lachlustigsten Leser, nnd durch die überhäufte Fülle des Details geht die Plastik der Figur verloren. Es fehlt seiner Erzählung an rechter Einheit der Handlung, sie zerflattert in Episoden. Es fehlt den meisten Szenen an innerer Vezichuug zum hnmoristischen Grundgedanken der Dichtung, weshalb mau mir schwer zur Übersicht des Ganzen gelangen kann.
Letzthin warf ein geistreicher Mann die Frage auf, wie es denu komme, daß unsre in allem übrigen so historisch denkende Zeit gerade für ihre nächste Vergangenheit, für die Jahre vor 1848 kein Gedächtnis bewahrt habe? Die Frage ist sehr interessant, und um sie zu beantworten, müßte man sich tief in politische Verhältnisse einlassen, was nicht Sache dieses Aufsatzes sein kann. Eine bemerkenswerte Thatsache jedoch ist, daß in der poetischen Literatur der Gegenwart die Epoche vor 1848 immer mehr iu komischer Beleuchtung geschildert wird. Die Belletristen lieben es, den Gegensatz der alten patriarchalischen Gemütlichkeit zn den ans Frankreich eingeführten Umsturzidecn darzustellen, die dem Volke auf dem Lande und in den kleinen Städten nur äußerlich angeflogen waren, ohne einem innern, in den realen Verhältnissen des Volkes begründeten Verständnisse zu begegnen. Hermann Prcsber schilderte in einer seiner rheinischen Novellen eine Revolution in Wolkenkuknksheim, die der Landesfurst durch ein paar billige Phrasen wieder vollkommen beruhigte; Fritz Lening in seiner plattdeutsch geschriebenen Geschichte „Dree Wiehnachten" ergriff auch dieses Motiv und schilderte sehr humoristisch die berauschende Wirkung der Revolution auf die Schneider- nnd Schnsterseelen eines abgelegnen stillen Dorfes, und auch Segcbarths „Ut de Demvkratentid" führt uns in die Zeit, wo der Ruf nach „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" viele Köpfe verdrehte.
Er erzählt von einem Aufruhr in Stettin, wo Weiber und Männer mit Knitteln und Steinen bewaffnet unter dem Rnfe „Freiheit, Gleichheit uud Brüderlichkeit" sich au die Plünderung der Kähne machten, welche mit Lebensmitteln angefüllt am Ufer lagen: es sollten die Reichen mit de» Armen teilen.