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Schiffsnamen.
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Schiffsncnnon,

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Auf jedem Gebiete spielen Äußerlichkeiten eine gewisse Rolle, und es ist nicht immer richtig, sie weil es eben Äußerlichkeiten sind mit Nichtachtung zu behandeln, ihnen diejenige Aufmerksamkeit zu versagen, die sie wohl verdienen. So hat auch das Leben und Treiben, welches mit dem Bau, der Vollendung und der Bestimmung der Schiffe verbunden ist, gewisse Äußerlichkeiten, die nicht allein mit Wohlwollen, sondern bei den hauptseefahrenden Nationen sogar mit einer gewissen Poesie behandelt werden.

Man spreche dem deutschen Volke den Reichtum au irdischen Gütern, man spreche ihm und es geschieht nicht selten, selbst von hervorragender Stelle den nationalen Sinn, den Geist des Znsammenhaltcns ab, die dichterische Denkungsart, einen romantischen, der Phantasie folgenden Hang wird man ihm sicher nicht absprechen können. Fast auf allen Gebieten tritt er zu Tage; ja es läßt sich sogar behaupten, daß er ans Gebieten, die lediglich praktischer Natur sind und ihn wohl entbehren könnten, znweilen hindernd in den Weg tritt. Dagegen giebt es Gebiete, wo er recht eigentlich hingehört, und es scheint seltsam, daß man ihn auf solchen Gebieten doch manchmal zu vermissen hat.

So lange es seefahrende Nationen giebt, so lange war es Sitte und Gebrauch, teils aus praktischen, teils aus sentimentalen Gründen, den Schiffen Namen zu geben. Das Feierliche, Stille, die gewissermaßen geisterhafte Bewegung, die dem am weitcu Seehorizont erscheinenden Schiffe anhaftet, macht es zum lebenden Wesen. Auch die rvhesten Völker haben sich dieser Poesie zugänglich gezeigt und haben vorzugsweise ihren Schiffen die Namen von Personen beigelegt. Daß man auch Länder-, Städte-, Flußnamcn wählte, war erst einer neuereu Zeit vorbehalten. Früher hatten für solche Zwecke Mäunernamen für das Große und Starke, Frauen- und Mädchennamen für das Zierliche und Leichte in der Hanptsache den Vorrang. In monarchischen Staaten nahmen selbst­verständlich die Namen des Herrscherhauses eine» Hauptplatz ein, und wo die Landeskirche eine lange Liste von Heiligennamen bot, da pflegte man diese Ver­treter des frommen Glaubens mit Vorliebe in den auf Kampf und Zerstörung ausgehende» Flotten und in den Namen ihrer Schiffe wiederzufinden. Im Punkte der Fürstennamen snchte man anch die Größe und Macht des Fahr­zeuges in Einklang zu bringen mit der Erhabenheit des Nameusträgers. Znr Zeit Heinrichs VIII. war es der drsa.t Hg.rr^, zur Zeit Ludwigs XIV. der Loleil Royiü, zu der des zweiten Georg die (jusvir Llmrlotts, die auch in den Seeschlachten ihrer Zeit den ersten Rang und die Hauptbedeutung in Anspruch nahmen. Wo immer das monarchische Regiment sich am kräftigsten ausdrückte, da standen die Namen der Fürsten, und nächst ihnen die Namen berühmter Helden in See- und Landschlachtcn, sodann auch die Namen der Plätze, wo diese geliefert wurden, im Vordergründe ; dagegen glänzten die Heiligen- und die Apostelnamen überall da, wo die Kirche Roms, des östlichen wie des westlichen, und ihre Vertreter mit den dynastischen Namen den gleichen Rang beanspruchten.