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ordentliche Professoren und Privatdocenten ist in ihren heutigen Wechselbeziehungen, in ihren heutigen Verhältnissen durchaus beizubehalten, resp, auf Straßburg zu übertragen. Gerade in dieser Gruppirung des Personals sehen wir einen Grundpfeiler der Universitäten, eine Wurzel ihrer Blüthe: daran darf gar nicht gerührt werden.
4) Die Vertretung der Universität als Ganzes ist jetzt verschieden geordnet. Auf einzelnen Universitäten gibt es ein General-Concil aller ordentlichen Professoren, auf anderen nur einen akademischen Senat, der aus der Wahl der Professoren hervorgeht. Wir treten hier nicht für ein radikales Nivelliren dieses Unterschiedes ein: man kann den einzelnen Universitäten selbst überlassen zu sagen, was sie vorziehen. Wo es sich aber um eine Neugründung handelt, da empfehlen wir nach eigener Erfahrung ganz unbedingt die Einrichtung eines Generalconciles neben dem Senate, der dann für Discipli- narsachen u. s. w. einen Ausschuß des Conciles bildet. Eine Vertretung der Gescunmtinteressen einer Universität, der gemeinschaftlichen Angelegenheiten aller Wissenszweige kann auch nur von der Gesammtheit der Professoren mit Erfolg geführt werden. Und gerade für die Straßburger Hochschule, welche erst sich zusammenzuleben hat, wird ein solches Concil sich nützlich erweisen.
4) Was die Bildung der Facultäten angeht, so möchten wir eine Abweichung von dem bestehenden Rechte der preußischen Universitäten empfehlen. Die Reform, die wir wünschen, ist auch oft schon besprochen und discutirt, in Preußen aber noch nicht in's Leben getreten. Ueber die theologische (oder die theologischen — denn wir vertrauen, daß Straßburg mit zwei theologischen Facultäten sofort ausgestattet werden soll), die juristische, die medicinische Faeultät ist nichts zu sagen: die philosophische ist der Gegenstand des Streites — seit langer Zeit. Ja, darauf verzichten wir hier, mit Argumenten diejenigen zu überzeugen, die schon in anderer Ansicht sich festgesetzt haben; wir sehen von den theoretischen Fragen ab; und da wir selbst einer philosophischen Faeultät anzugehören die Ehre haben, wollen wir uns lieber auf die praktischen Folgen der heutigen Zusammensetzung dieser Facultäten berufen. „Weg mit diesem Zopf!" — das ist unsere Losung. Eine Faeultät' soll in sich zusammenhängende Wissenschaften darstellen. Wir wissen sehr wohl, wie es gekommen ist, daß die heutigen philosophischen Facultäten gerade in dieser Gestaltung fertig geworden sind. Nach der Regel, „was man nicht decliniren kann, das sieht man für ein neutrum an", wird eine Wissenschaft, die sonst nicht untergebracht werden kann, in die philosophische Faeultät gesteckt oder doch darin gehalten. Die Praxis des Lebens in den philosophischen Facultäten schwebt zwischen Scylla und Charybdis: entweder machen die Vertreter der verschiedenartigsten Wissenschaften in jeder Einzelfrage den Anspruch, ein eigenes Urtheil zu haben, gleichviel wie weit von