— 52 —
hervorgebracht haben, just in den beiden norddeutschen Seehandelsplätzeu Verkümmerung und Verfall verursache»? Warum svll just bei uns Thorheit und Dummheit sein, was in den mächtigsten Handelsreichen von Klugheit und Einsicht zeugt? Ja wahrlich kein verständiger Mensch kann ernsthaft und gewissenhaft glauben, daß die Aufhebung des Freihafensystems ein vitales Interesse der beiden Städte schädigen wird. So stockblind kann auch der hartgesottenste Manchestermann, so aller Einsicht bar selbst der eingeborene Sohn der Hanse nicht sein. Da aber die beiden Städte, oder vielmehr die Mehrheit ihrer Männer von Amt und Einfluß, sich noch sträuben, die Freihafenstellung aus eigener Initiative aufzugeben, so leiten sie andere Beweggründe, und zwar in erster Linie der Dünkel staatlicher Liliputsouveränetät. Es ist immer noch gar zu süß, ein klein wenig herrschen zu können, und mit dem Eintritt in die Zolllinie würde wieder ein morsches Stück von der alten Rüstung patrizischen Herrschaftsgelüstes und pa- trizischer Herrlichkeit in den Staub sinken. Man fürchtet, und vielleicht mit Recht, daß mit dem Schwinden der Zollgrenze auch sehr bald die Greuze des eigenen Staatchens verschwinden mochte. Aber was die patrizisch-plutokratische Minderheit sürchtet, das ersehnt freudig die große Mehrheit der Bevölkerung beider Städte. Lasfe sich doch Niemand durch das gegenwärtige Geschrei irre machen. ' Nirgendwo ist die Presse so einseitig parteiisch, nirgendwo sind die Bürger so abhängig und unfrei, wie in den „freien" Handelsrepubliken, wo Geld und Credit die eiuzig bestimmenden Mächte sind.
81 yMÜrillAentis sex sextem willis, üesmit, üst imiirms tibi, sunt inores st ImAll», üäss^us, ?1eb8 eris.
Der kosmopolitische Standpunkt des Freihandelsschwärmers, sowie der enge über die eigene Stadtmauer nicht hinausgehende manches „freien Bürgers", beide müssen und werden aufgehen in den nationalen Standpunkt, und nachdem dies geschehen, werden auch sie ihren Grimm überwinden und sich in der neuen Lage so günstig wie möglich unter dem Schutze der Reichsgewalten einzurichten wissen.
Wenn man von dem Parteigeschrei in den Hansestädten und der Parteileidenschaft hört, die in einzelnen Köpfen allerdings einen hohen Hitzegrad erreicht hat, im allgemeinen aber doch nur künstlich angefacht und genährt wird, so sollte man meinen, die Zollanschlußfrage habe der Reichskauzler urplötzlich erfunden, und er wolle sie gegen alles Recht und alle Billigkeit und wohl gar in der Absicht, den Welthandel der beiden größten deutschen Seehäfen zu schädigen, also aus übelwollender Gesinnung und aus feindseliger Chicane gegen sie, gewaltsam lösen. Aber weder Recht noch Billigkeit, noch ein deutsches Interesse stehen auf Seiten der Städte. Die Zollanschlußfrage ist mindestens so alt, wie der Zollverein sein würde, wenn er noch bestände. Seit mehr als