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Die Eroberungen der Russen in Mittelasien. III.
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Feldzug gegen Reiche, wie Buchara und Kokau, reicht eine solche Truppeuzcchl allerdings aus. Thatsächlich haben sogar die russischen Kommandirenden in den bisherigen Feldzügeu über Truppe» verfügt, deren Stärke noch geringer war; so z. B. hatte der General Perowski 1853 nnr cirea 3000 Mann zur Disposition, während die Kokauder au 15,000 Maun stark waren; Tscher- najew besiegte 1865 mit 2500 Mann das 10,000 Mann starke Heer Alim- kuls; Romanowsli stand 1865 mit nur 3600 Maun 40,000 Bucharen gegenüber; auch der General von Kanfman schlug die Schlacht bei Ssamar- kand 1868 mit 45000 Mann gegen eirea 8,500 Bucharen. Schon der Feldzug gegen Chiwa 1873 machte es aber doch nöthig, daß sowohl vom Kaukasus wie auch aus Orenburg Verstärkungen herangezogen wurden. Ich glaube indessen mit der Annahme nicht fehl zu greifen, daß die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht für die russische Bevölkerung Tnrkestans eine wesent­liche Aenderung zum Bessern herbeiführen wird.

Die kleinen Garuisouen wirken indessen auch sowohl auf die Einheit der ökonomischen Verwaltung der Truppen, wie auch auf deren Ausbildung auf das Ungünstigste ein. Die Letztere besonders steht, wie in Rußland überhaupt, mit der Disloeirung der Truppe» iu unmittelbarer Wechselbeziehung: je con- eentrirter die Dislocation, je besser die Ausbildung. Die Zusammenziehung von Truppeu zu einer nnr etwas größeren Expedition wird unter diesen Ver­hältnissen eine Zeit in Anspruch uehmeu müssen, die oft wohl verhäugnißvoll werden kann. Nur der großen Energie des General-Gouverneurs von Kanf­man z. B. ist der rechtzeitige Entsatz Chodjents in dein Kriege gegen die auf­ständischen Kokanzen zu verdanken.

Die Nachbarschaft selbständiger mohamedcmischer Staaten mnß auch als ein Moment hingestellt werden, das bei der Beurtheilung der militair-politischcn Situation Rußlands in Mittelasien wohl zu beachten ist. Die Bevölkerung derselben gehört denselben Nationalitäten an, wie solche anch im russischen Turkestan vertreten sind. Gegenseitige Beziehungen sind somit gar nicht zu vermeiden, und Unruhen in den Nachbarreichen pflanzen sich nur gar zu leicht fort, da zumeist in dieser Beziehung die politischen Grenzen eine reine Illusion sind. Die Bevölkerung der Nachbarreiche bekennt sich aber auch und das fällt ganz besonders in die Wagschaale mit den neu erworbenen Unter­thanen Rußlands zu ein und derselben Religion: hier wie dort sind es Be- kenner des Islam. Die Interessen des Mohamedanismus siud aber iu allen Ländern der Erde solidarisch. Der Koran bildet ein festes Band des Zu­sammenhanges zwischen hundert Millionen Menschen, zwischen einer Menge von halb oder ganz barbarischen Staatengebilden in Asien und Afrika. Die Grund­lage dieses Zusammenhangs ist eine religiöse; seine Kraft das Fener des