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Aus der Praxis des Reichskammergerichts.
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Vergebens wendete sich Cornelius an den Rath zu Hamburg, um zu bewirken, daß er der Haft entlassen, und vor seinem zuständigen Gericht in Hamburg belangt werde. Gleichfalls ohne Erfolg bestritt er die Zuständigkeit des Gerichts, und wie es jedenfalls unerhört sei, daß man ihn gefangen setze, ehe er verurtheilt sei. Aber aus Leyden kam ihm ein Schwager zu Hülfe. Er überbrachte dem Grafen ein Schreiben der Staaten der Vereinigten Nieder­lande. Dies führte dahin, daß Cornelius, nachdem er zwei Bürgen bestellt, welche in des Grafen Lande angesessen waren, der Haft entlasten wurde.

Nach einiger Zeit stellte aber Azuardo dem Grafen wieder vor: Cornelius habe sich gegen ihn in Hamburg und an öffentlicher Börse ganz freventlich, frech und muthwillig mit Hohnsprechen, Anlaufen, Ausspotten und anderen leichtfertigen Ueppigkeiten vergriffen. Auf dieses einseitige Vorbringen ver­fügte der Graf die Verstrickung der Bürgen.

Demzufolge wurden die zwei Bürgen in ein Wirthshaus gebracht, wo sie bleiben und die Zeche bezahlen mußten. Diese belief sich aber immer sehr hoch, weil es Sitte war, sich den Besuch von Freunden und Verwandten ge­fallen zu lassen, und dieselben freizuhalten.

So sah sich Cornelius genöthigt, in das Gefängniß zurückzukehren, indeß wurde er nicht wieder in Fesseln gelegt.

Der Prozeß in Pinneberg erhielt aber eine günstigere Wendung für Cornelius, welcher überdies stets den Inhalt der Klage bestrttten hatte, nach­dem Cornelius in Erfahrung gebracht und der Kläger hatte zugestehen müssen, daß seine Schwester Susanne bereits vor etzltchen Jahren von einem Anderen ein Kind gehabt habe.

Die Juristenfakultät zu Marburg sprach sich nun am 20. Januar 1605 dahin aus, daß der Verklagte der gefänglichen Haft zu entlassen sei. Nach Vernehmung der vielen vom Kläger vorgeschlagenen Zeugen erkannte man am 2. Mai 1606 in Heidelberg dahin: Daß der Angeklagte von der Anklage zu entbinden, Ankläger auch schuldig sei, demselben wegen gefänglicher Ein­ziehung und zugefügter Schmach und Schaden Abtrag zu thun.

Wider dieses Urtheil wandte Hasenwart die Appellation beim Reichs­kammergericht ein. Zu dem Zwecke mußte eine vollständige Abschrift der Akten erster Instanz eingereicht werden. Diese bestand aber aus 726 Blättern! Die Beweisantretungsschrift allein hatte 145 Blätter. So schreibselig waren damals die Rechtsverständigen!

Das Reichskammergericht entschied aber am 16. November 1608: Daß diese Sache durch die vorgenommene Apellation nicht an das Reichskammer­gericht erwachsen sei. Auch der Graf hatte nämlich bei Einsendung der Akten mit Recht die Zuständigkeit des Reichskammergerichts bestritten, weil