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die Echtheit . . die Echtheit der Ausdrucksweise und der Denkweise. In jedem Gedicht soll wirklich der Bauer denken, nicht wir selbst. Die typische Gestalt des Bauers gewinnt nicht dadurch an Feinheit, daß man nur hier und da seine äußere Grobheit beschneidet. Laßt ihn doch, wo es der Fall einmal erfordert, so grob sein als er wirklich ist. aber erinnert euch, daß er auch noch mehr ist als ein Grobian. Vergeht nicht, daß auch sein Leben Stunden hat. deren tiefe Herzenslaute vielleicht noch mächtiger sind, als das Empfinden unserer geschulten Seele und daß auch diese Laute ein Recht haben, in der wahren volksthümlichen Dichtung zum Ausdruck zu kommen." Wir finden diesen Naturlaut der Volksseele etwas poetischer ausgedrückt in diesen Gedichten, als wenn sich die Bauern g, lg. Berthold Auerbach in salonfähigen spinozistischen Redensarten unterhalten. Lesen wir z. B. das Gedicht „Der Musikant." Ein Tanzmusikant hat einen kranken Buben zu Haus: er weiß nicht, ob er ihn noch lebendig antrifft, wenn er heim kommt. Während der Vater den Lustigen aufspielt, verscheidet das Kind. Die Mutter erzählt ihm von den letzten Augenblicken des Knaben:
„Grad allweil d'Handln' ausgstreckt hat er Die Leich', die war am Sunntag früh, Und nix als g'fragt: Wo ist der Vater? Und trauri schaut der Vater zu ; G'wiß zehnmal bin i ganga schaugen." — Erlegt sein' Kranz hin— und auf d'Nacht Der Vater fahrt sich über d'Augen. Hat er halt wiader Musik g'macht.
So ernst wie dieses sind wenige Gedichte der Sammlung. Aus den allermeisten spricht der gesunde Volkshumor, auch bei den trübsten Stimmungsbildern. So läßt sich der sterbende Mann noch einmal einen Stecken von der Frau reichen:
„„Du muaßt ja sterben, da brauchst kein Stecken"". „Ja extra deßz'weg'n", sagt der Mann, „Daß i di' no'mal hauen kann". Dös war a guter Mann, a guter, Sagt sie, aber a boshaft's Luder.
Der sterbende Michel dagegen sagt zur Frau:
„An Mann, den brauchst ja dengerscht — und Na heirath'st — halt an — Sepp von Gmund" ,,„O mei"", flennt sie, daß es s'ganz z'sprengt, „„An den, da hab i aa schon denkt!""
Die berechtigte Eigenthümlichkeit der polizeilichen Ehehindernisse, die Baiern sich in den Bersailler Verträgen reservirt hat. spricht sich in der Anrede aus, die der Pfarrer an die Brautleute hält, die von ihm copulirt sein wollen: