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Aus Straßburgs Vergangenheit.
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einen so verderblichen Krieg zu, daß ihre politische Macht dadurch nach Außen hin aufs Tiefste erschüttert wurde. Wegen der ungesetzlichen Gefangennahme eines englischen Ritters Harleston durch Herrn Bruno vonRap voll­st ein, einem straßburgischen Ausbürger, wird die Stadt in einen Krieg ver­wickelt, der ihr die Reichsacht und 1392 eine Belagerung zuzieht. Zuletzt muß sie doch nachgeben und sich mit schwerem Gelde loskaufen. Den mate­riellen Schaden, den Straßburg damals erlitt, schätzt Professor Schmoller auf 1 Million Goldgulden, eine damals sehr hohe Summe, die die finanzielle Lage der Stadt sehr gefährdete. Bon jener Zeit an giebt Straßburg die Ausbürgervolttik mehr und mehr auf; dieselbe hatte ihr wohl Glanz und Ruhm, aber im Ganzen wenig innere Kräftigung gebracht.

Was nun die innere Lage der Stadt seit der Revolution von 1332 und derjenigen von 1349 betrifft, so läßt sich nicht leugnen, daß auch das neue demokratische Regiment seine großen Schattenseiten hatte. Es läßt sich nicht verkennen, daß die Zünfte, deren Zahl damals zwischen 20 und 28 schwankte, die Macht der Constofler völlig zu brechen suchten, indem sie jeden Patrizier zwangen, irgend einer Zunft sich anzuschließen. Man bildete oft Zünfte, die aus Handwerkern bestanden, die keine Verwandtschaft mit einander hatten, wie die Oelmüller und Tuchscheerer; man nahm Mitglieder auf, die auch zu einer andern Zunft gehörten; die Zünfte bildeten jede für sich eine Theil­gemeinde, die ziemlich unabhängig dastand. Wohl waren die Zünfte auch im Rath vertreten, aber auch hier war keine feste Ordnung. Aus einem kleinen Rathscollegium von 812 Mitgliedern, wie er ums Jahr 1200 ge­wesen, war der Rath bis zu 56 Mitgliedern im Jahr 1349 angewachsen. Als Regierungsbehörde war dieser zahlreiche Rath geradezu unbrauchbar, be­sonders auch darum, weil der Ammeister jedes Jahr neu gewählt wurde und die 4 Stättmeister ihr Amt als Rathsvorsitzende nur ein Vierteljahr lang ausüben durften. Ueberall entstanden Klagen, besonders von Seiten der Constofler, von denen im Jahre 1419 ein Theil die Stadt verließ. Auch das Finanzwesen war übel bestellt; es fehlte an ständigen, besoldeten Beamten, an Controle, an einem geregelten Geschäftsgang. Aus allen diesen Gründen war eine Reorganisirung des Staatswesens, eine feste Ordnung in der Ver­waltung unumgänglich nöthig geworden.

Das Jahr 1403 ist ein klimaterisches in der Verfassungsgeschichte der Stadt Straßburg zu nennen. In demselben fand die Revision der Stadt­ordnung statt, die bisher ungedruckt und, so zu sagen, unbekannt im Stadt­archiv sich befand und durch deren Veröffentlichung Herr Professor Schmoller sich die größten Verdienste um die elsässtsche Literatur erworben hat. Ganz neue Aufschlüsse und Einblicke in jene mittelalterliche Periode gewährt uns dieses interessante Schriftstück, das der Verfasser als ersten Anhang zu seiner