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Eine starke Meile von Aachen liegt rechts von der Straße, die von dort nach Lüttich führt, ein 1088 Morgen großes Stück Land, welches in der Zeit, wo die Oesterreicher noch Herren vom heutigen Belgien waren, zum Herzogthum Limburg und zwar theils zu der Gemeinde Moresnet, theils zur Gemeinde Kelmis gehört. Unter Napoleon dem Ersten französisch geworden, wurden beide Gemeinden in eine verschmolzen. Bei der am 26. Juni 1816 vollzogenen Grenzregulirung fiel ein Stück dieser Gemeinde, welche jetzt nur den Namen Moresnet führte, an die Niederlande, ein anderes, etwas kleineres an Preußen, während ein drittes, wegen des hier liegenden reichen Galmei- bergwerks Altenberg oder Meille-Montagne beiden Contrahenten begehrenswerth und doch nicht gut theilbar, streitig und bis heute neutral blieb.
Diese Galmeigrube, schon seit länger als dreihundert Jahren im Betriebe, liefert jetzt durchschnittlich 43000 Tonnen Galmei im Jahre, von denen die größere Hälfte in Belgien, die kleinere an Ort und Stelle, sowie in Mühlheim an der Ruhr zu Zink verarbeitet wird. Die Zahl der in ihr und den zu ihr gehörigen Hütten und Werkstätten beschäftigten Arbeiter beträgt circa 1200. In alter Zeit soll sie Eigenthum der Stadt Aachen gewesen sein. Dann war sie im Besitz der limburger Herzöge. Die Oesterreicher verwalteten sie theils selbst, theils verpachteten sie dieselbe. Die Franzosen überließen die Ausbeutung ebenfalls pachtweise an Private. Als diese aber mit Berufung auf das französische Bergwerksgesetz vott 1810 ihre von 1806 datirte Concession Preußen und Holland gegenüber für unwiderruflich angesehen wissen wollten, wurde das von beiden Regierungen bestritten, und die Gerichte entschieden in diesem Sinne, verurtheilten auch die Concessionäre zur Zahlung des seit 1812 rückständigen Pachts von 40,600 Francs. Nachdem der niederländische Antheil am Rechte auf den Altenberg 1830 auf Belgien übergegangen, verglich sich dieses mit der Actiengesellschast, welche die Grube ausbeutete und beiläufig stets nur aus Belgiern und Franzosen besteht und erkannte die Unwiderruflichkeit der Concession an. Preußen weigerte sich dessen noch bis 1856, wo die Concession ablief, dann folgte es dem Beispiele Belgiens, erhöhte aber den jährlichen Pachtschilling, der bis dahin nur 2000 Thaler betragen, in Anbetracht der inzwischen erfolgten außerordentlichen Ausdehnung des Betriebes auf 15,000 Thaler.
Das Concessionsfeld liegt nur zum kleinsten Theile auf dem neutralen Gebiete. Es gehört, 85 Quadratkilometer groß, zu beinahe 5 Achteln in den preußischen Kreis Eupen. Der Altenberg selbst aber liegt auf neutralem Boden. 1816 hatte dieses von Preußen und Belgien gemeinschaftlich besessene Gebiet nur 250, jetzt hat es fast 3000 Einwohner. Unter diesen werden indeß nur die als Neutrale angesehen, welche schon 1816 hier wohnten oder deren Nachkommen sind. Die Zahl derselben belief sich 1857 auf 6l)5, die