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die abgeschmacktesten Vorurtheile zu Tage förderte, war die wegen des Eigenthums. In der sechszehnten Sitzung las Murar die im geheimen Comite' angenommenen Beschlüsse vor, die ein förmliches Gesetz zu allgemeiner Beschlagnahme des Eigenthums bilden. Nach diesen Reformatoren sollten „die Steinbrüche, die Kohlenminen, die übrigen Bergwerke, ferner die Eisenbahnen der socialen Collectivität, vertreten durch den Staat, aber den neugeordneten Staat, gehören, die sie „nicht den Capitalien, wie heutzutage, sondern Arbeitergesellschaften abzutreten hätte". „Die wirthschaftliche Evolution", um uns des Euphemismus dieser Herren zu bedienen, „sollte den Eintritt des zur Bebauung geeigneten Grund und Bodens in das Collectiv-Eigenthum zu einer socialen Nothwendigkeit machen", und „der Grund und Boden soll Ackerbauer- Gesellschaften zugewiesen werden wie die Minen Bergmanns- und die Eisenbahnen Arbeiter-Gesellschaften." Endlich sollen die Canäle, die Telegraphenleitungen und die Wälder „dem Collectiv-Eigenthum der Gesellschaft verbleiben."
Man begleitete diese radicalen Maßregeln mit einer Menge von Betrachtungen, in denen die Abgeschmacktheit und Gewaltsamkeit sich so gut als möglich hinter einen mächtigen Apparat von großen scheinbar wissenschaftlichen Worten zu verstecken suchte. Es wäre viel einfacher gewesen, sich der Mühe der Aufhäufung solcher schöner Redensarten wie „wirthschaftliche Evolution," „sociale Collectivität" und „wissenschaftliche und rationelle Ausbeutung" zu sparen und einfach zu sagen: wir wollen alle Güter dieser Welt an uns nehmen, erstens aus dem guten Grunde, weil wir Lust dazu haben, und zweitens aus dem noch besseren Grunde, weil wir uns stark genug fühlen, uns ihrer zu bemächtigen?
Von den 49 bei der Abstimmung gegenwärtigen Delegirten stimmten 30 für die Verrücktheiten, nur 4 erklärten sich dagegen, und 15 enthielten sich der Abgabe ihres Votums. Unter den letztgenannten war Tolain, welcher folgende Erklärung vorlas:
„In Anbetracht, daß die Eigenthumsfrage erst in der letzten Sitzung auf die Tagesordnung gebracht worden, daß sie vom allgemeinen Gesichtspunkt nur auf eine ganz unbedeutende Weise, vom agronomischen Gesichtspunkte nur in unvollständiger Art studirt worden ist, daß es Angesichts einer gewissen Anzahl von Delegirten, welche nicht aufgeklärt zu sein behaupten, naturgemäß war, die Frage an einen künftigen Congreß zu verweisen, lehnen die unterzeichneten Delegirten, welche sich der Abstimmung enthalten oder mit Nein gestimmt haben, die Verantwortlichkeit für das Votum ab."
Auf diese Erklärung hin behauptete später Tolain vor der Nationalversammlung, daß die Gründer der Internationale in ihrem Programm, in der von ihnen redigieren Denkschrift vom socialen Gesichtspunkt aus das indivi-
Grenzboten II. 1872. o