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Die Gewissens- und Cultusfreiheit vor der schweizerischen Bundesversammlung aus Anlass der Bundesrevision.
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wie jener Satz voraussetze. Das Mißtrauen sei ganz ungerechtfertigt und die Theorie von der Staatsgefährlichkeit der neuen Dogmen werde selbst von denen nicht geglaubt, die sie aufstellen. Staat und Kirche hätten eine sich er­gänzende Mission. Uebergriffe seien bisher vom Staat in's Gebiet der Kirche, aber nicht umgekehrt geschehen. Uebrigens besitze der Bund Competenzen genug, in der Ausübung derselben sei er nie scrupulös gewesen, nach dem Satz: hat man keine, so macht man eine. Auch hätten sich bisher in Staaten, die sich selbst keiner Provoeation schuldig machten, in Folge der neuen Dogmen noch nirgends politische Verwickelungen gezeigt. Die Unfehlbarkeit des Papstes bloß in Sachen des Glaubens und der Sitten berühre den Staat in keiner Weise, wie selbst Frohschammer in München zugegeben. Wenn endlich das Volk dem confessions- d. h. glaubenslosen Staate zugethan wäre, so hätte man nicht nöthig, den Bund zu Hülfe zu rufen. Der glaubenslose Staat aber führe zu Streit, bösem Beispiel, Jndifferentismus und so zur Intoleranz, denn die Gleichgültigen nennen die Gläubigen Finsterlinge, Ultramontane und bekreuzen sich vor ihnen.Wir müssen somit Alles thun, was wir können, damit das Christenthum nicht von uns genommen werde. Der Bund soll die, welche glauben, auch in seinen Schutz nehmen und nicht bloß die, welche indirect den Glauben zerstören." Trotz alledem wurde der Artikel in folgendem Wortlaut in beiden Räthen angenommen:Die freie Ausübung der gottesdienstlichen Handlungen ist innerhalb der Schranken der öffentlichen Sittlichkeit und Ordnung gewährleistet. Den Cantonen wie dem Bunde bleibt vorbehalten, für Handhabung der öffentlichen Ordnung und des Friedens unter den Confessionen, sowie gegen Eingriffe kirchl. Behörden in die Rechte der Bürger und des Staates die geeigneten Maßregeln zu treffen."

Aus Luxemburg.

März 1872.

Wir haben den Vorzug, ein kleines Land zu sein mit einer großen In­dustrie, ein neutrales Land und folglich ohne Kriegsdienst- und Kriegssteuer­last für die Bevölkerung. Der Frieden unserer Fluren wird von den Groß­mächten behütet. Dabei entbehren wir jedoch nicht den Bortheil einer großen Handelsgemeinschaft. Denn wir sind ich hätte beinahe etwas Falsches gesagt, denn ich wollte sagen: wir sind im deutschen Zollverein. Aber der besteht ja gar nicht mehr. Vielmehr wir, das souveräne Großherzogthum Luxemburg bilden ganz allein einen Zollverein mit dem deutschen Reich, einen

Grenzboten II. 1872. ^