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Die Gewissens- und Cultusfreiheit vor der schweizerischen Bundesversammlung aus Anlass der Bundesrevision.
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sequenz der selbstherrlichen Stellung, welche gewisse kirchliche Behörden gegen den Staat und die Kirche einzunehmen streben. Garantien, welche freilich vom Syllabuö für nichts mehr und nichts weniger als für verdammenswerthe Irrthümer erklärt werden, deren sich kein Christ bei Verwirkung seines Seelenheils schuldig machen dürfe.

Besondere Mißstimmung erregte bei den Ultramontanen der Satz, der den Staatsbehörden die Comvetenz einräumt zugeeigneten Maßnahmen gegen Eingriffe kirchlicher Behörden in die Rechte der Bürger und des Staates." Der Staat wurde zu dessen Begründung angeführt stehe als die allgemeine, mit Zwang wirkende Rechtsordnung schon nach demPfaffen- abriefe" von 1670 und auch nach Artikel 2 der bestehenden Verfassung.über der Kirche. Es sei an der. Zeit, daß derselbe die Bürger,so wie die eigenen Rechte gegen die große jesuitische Verschwörung, die seit Jahrhunderten daran arbeite, den Staat der Kirche und die Bürger dem Klerus zu unterwerfen, die stets fort und überall die Andersgläubigen mit Fanatismus verfolgte und den öffentlichen Frieden bedrohte, welche auf dem Concil neue Kampflust und Siegeszuversicht geschöpft hat, energisch in Schutz nehme. Für den staats- und culturfeindlichen Charakter der vaticanischen Decrete haben katholische Gelehrte wie Döllinger und Schulte, und vor deren Definirung eine große Zahl der gelehrtesten Bischöfe und vor allem die römische Presse unverfängliches Zeugniß abgelegt. Ueberall folgten der Verkündigung der neuen Lehre Wirren und Conflicte zwischen der geistlichen und weltlichen Ge­walt, bei denen der Staat sich nur zu oft gegenüber den klerikalen Hülfs­mitteln machtlos zeigte. Aus den angedeuteten Verhältnissen werden sich auch in der Schweiz von selbst Eingriffe der kirchlichen Behörden in die Rechte der Bürger wie des Staates entwickeln, gegen welche obiger Satz mit vollem Rechte die Macht des Bundes in die Schranken rufe. Die Trennung von Staat und Kirche werde sich in unserer conservativen Schweiz nicht so leicht durchführen lassen; wohl aber könne es, wenn der Staat Alles gehen lasse, wie es geht, bei uns zu einem entsetzlichen Chaos kommen, das vielleicht bis zum Religionskrieg führe. Eine paritätische Republik, die sich rühmt, die individuellen Rechte ihrer Bürger zu schützen, könne der neuesten Ent­wickelung in der katholischen Kirche unmöglich gleichgiltig zusehen. Es werden namentlich auch auf dem Gebiete der Schule Uebergriffe des Klerus zu be­fürchten sein und diesem müsse der Bund im Nothfalle begegnen tonnen. Auch im Gebiete der Ehegesetzgebung werde man die klerikalen Uebergriffe nur mittelst der vollen.Einführung der obligatorischen Civilehe zurückweisen können und dazu eben solle jener Satz einen Anhaltspunkt bieten.

Die Entgegnungen der Klerikalen athmeten überall Frieden und Sanft­muth: die katholische Kirche sei keine Feindin des Staates und der Bürger,