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Graf Chambord und die Farben Frankreichs.
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lichzelt überdeckt, welches mit Lilienblumen nnd tricoloren Wimpeln geschmückt war, und vor dem Altar waren eine große Oriflcunme und 83 Standarten in den Farben der Departements aufgepflanzt.

Was die rothe Fahne betrifft, die auf dem Marsfelde am 17. Juli 1791. eine Rolle spielte, so wurde sie nach dem Wortlaute des Gesetzes alsend­gültiges Zeichen bei jedem Auflauf" entfaltet, und nur zu diesem Zwecke ge­schah es, daß sie bis zum nächsten 7. August vor einem der Fenster des Stadthauses zu wehen fortfuhr. Sie ist übrigens noch heute das Signal der Gefahr, welches an der Spitze, sowie am Ende der Eisenbahnzüge angebracht, das Zeichen, womit auf den Stadtthürmen der Ausbruch einer Feuersbrunst gemeldet wird was beiläufig wie in Frankreich auch in den meisten Ge­genden Deutschlands Gebrauch ist. Lamartine hat die rothe Fahne 1848 anders erklären wollen er war hierin wie in den meisten andern seiner Erklärungen Poet, nickt Historiker.

Die Farben des Königs, die man nicht mit denen seiner Fahne verwech­seln darf (auch die weiß und grüne sächsische Farbe ist nicht die des sächsischen Hofes, die gelb und blan ist), waren weiß, rosenrvth und blau, die Farben von Fahnen, welche dieinnres äs camp" oben über ihren Wappen anzu­bringen ermächtigt werden sEdict Ludwigs des Vierzehnten vom Januar 1705). Die Livree der königlichen Dienerschaft war gleich derjenigen der Diener der Prinzen von Geblüt dreifarbig. Die Uniformen der Leibgarden, der franzö­sischen Garden und eines großen Theils der Armee waren ebenfalls weiß, rosenroth und blau.

Der gute Graf Chambord oder der Rathgeber desselben vielmehr, der ihm die weiße Fahne als so werthvolle Erinnerung und als so bedeutsames Symbol seines Hauses dargestellt und ihm sein Manifest gemacht hat, ist also wie in so vielen andern Dingen auch in dieser Beziehung im Unklaren ge­wandelt.

Berliner Ariefe.

Berlin, den 21. Juli. In England ist von fleißigen Statistikern die Beobachtung gemacht worden, daß in den Herbstmonaten der Spleen die mei­sten Opfer fordert. Die sommerliche Hitze scheint in den wenigen Unglück­lichen, die hier zurückgeblieben sind, ähnliche Erscheinungen hervorzubringen, wie der trübe Himmel auf den britischen Inseln. Es gibt Leute, welche die von Rußland heranrückende Cholera mit Sorge erfüllt, es gibt solche, denen das rothe Gespenst Romieu'schen Andenkens die Ruhe verscheucht,., es gibt Andere, welche die Dauer des Friedens mit Frankreich nur nach Monaten berechnen wollen und es gibt solche, welche einen Religionskrieg nicht mehr zu den Unmöglichkeiten zählen, seit der Fürst Reichskanzler so sorgenvoll seine Stirn über die Pläne der Ultramontanen gerunzelt hat. Die Deutschen ha­ben eine skeptische Ader, welche sie manchmal zum Pessimismus verführt und das Bischen Freude, welches sie in Berlin, Dresden und München und hundert andern Städten bei der siegreichen Rückkehr der Truppen stürmisch geäußert haben, scheint ihnen ein Uebermuth, den sie abbüßen müssen, indem