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Insel hart am Rande der Meerenge, die Tinvs Von Andrvs trennt, so daß die Transportschiffe unmittelbar an 'Ort und Stelle laden können. Ein anderer Vortheil ist. daß rings um dieselben eine zahlreiche Bevölkerung wohnt, die seit unvordenklichen Zeiten das Gewerbe von Steinmetzen betreibt und für Kvnstantinvpel und Smyrna alle die Grabsteine, Waschbecken, Mörser und Springbrunnen meißelt, welche man dort in jedem wohlhabenden griechischen Hause trifft.
Die Untersuchungsreise, welche zur Wiederaufsindung dieser alten Steinbrüche führte, wurde im Jahr 1846 unternommen. Sie'schien anfänglich erfolglos werden zu sollen. Siegel hatte die Insel bereits von ihrer südlichsten Spitze bis zur nördlichsten durchstreift, ohne zu finden, was er suchte. Da stieß er eines Tages plötzlich zu seiner großen Ueberrascbung auf einen zerschlagenen Block, in dem er den schönsten grünen Marmor entdeckte. Sofort kehrte er um,' suchte aufmerksamer nach und sah seine Bemühung durch die Aufsindung einer ganzen Reihe von Marmorfundorten belohnt, die entschieden das Gepräge von Steinbrüchen der Zeit an sich trugen, in der man sich zum Absprengen des Gesteins noch nicht des Schießpulvers' bediente.
Siegel brachte'einige dieser Brüche sofort käuflich an sich, später kamen andere hinzu, so daß er jetzt an sechs Stellen Besitzungen hat. Die bedeutendsten darunter sind die von Kap Tygania, wo zwei Marmorbrüche in vollem Betriebe sind. Das Gestein, saftgrün mit weißen und schwarzen Adern, ist in den zahlreichen Marmorwaarenfabriken Roms bereits sehr beliebt und wird hier nach dem Dircctor der Akademie von San Luca, welcher den Bau der prachtvollen Basilika San Paolo fuori le mure leitet und dabei di.ese Marmorart zuerst wieder in großem Maßstab verwendete, Berde Poletti genannt. Auch nach Berlin lieferte'dieser Bruch sehr bedeutende Sendungen seines edlen Gesteins. Ein zweiter Fundort ist das westlich von Tygania gelegne Turkoto Mnlma. wo ein Marmor von hellerem Grün sich findet, der indeß nur in kleinen Blöcken bricht. Sehr mächtig dagegen ist das Marmorlager von Chusla. welches eine ganze Reihe antiker Brüche in Bänken von 500 Meter Länge und 20 bis 30 'Meter Höhe enthält. Das Grün des Steines ist hier verschieden, bald weiß und schwarz, bald violet und weiß, bald roth, gelb und weiß geädert. Die genannte römiscbe Kirche erhielt von hier 44 Säulen, jede zu tv'Meter Länge und anderthalb Meter unterem Durchmesser — Monolithen, wie sie nur die alte Zeit Roms auszuweisen hat. Jede dieser gewaltigen Säulen wiegt raufend Centner und ist im Rohblock zu 13,000 Franken ver>> accordirt.
In dem alten Schutt der zuletzt erwähnten Brüche hat man 16 antike bebauen? Blöcke von großen Dimensionen, mehre zerbrochene Säulen und eine Colonne von 7 Meter Länge gefunden, welche ebenso wie jene Trümmer geschliffen ist, woraus hervorgeht, daß die Alten die Säulen vollkommen fertig versclnfften.
Die andern Fundorte sind Kap Colonna, wo ebenfalls ein alter Säulen- bruch mit unerschöpflich reichen Bänken eines in drei Nüancen schillernden grünen Marmors ist, Kap Jmsuna, von wo 1854 zwei Schiffsladungen dieses Gesteins für Rechnung des Königs von Preußen nach Berlin abgingen, endlich Aeto- trypa und Kumala. wo sich längs der Küste eine Bank weißen Marmors hin- ziebt, dessen Natur bis jetzt noch nicht näher bestimmt werden konnte. Jeder von den genannten Brüchen ist so mächtig, daß er für sich allein die Grundlage zu einem Unternehmen bilden könnte, welches die Ausbeutung in großem Maßstab betriebe.