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Politische Korrespondenz.
Nicht vom Main. 15. August.
Es kann unmöglich reiner Muthwille der Trieb sein, welcher ernste Staatsmänner in München und Stuttgart bestimmt, als Vorkämpfer und Secundanten der Wiener Hauspolitik Preußen in jeder erdenklichen Weise zu kränken und zu verletzen. Bundesreform, Heerwesen, Zollverein, alles wird benutzt, um der Feindseligkeit gegen Preußen den schroffsten Ausdruck zu geben, auf das Wagniß bin, die Sicherheit Deutschlands zu gefährden, den Hausbalt des eigenen Staates, den Wohlstand des eigenen Volkes zu zerrütten. Auch die unläugbar vorhandene Furcht vor der preußischen Führung in einem engern Bunde reicht nicht aus, um die empfindlichen Provocationen gegen Preußen in einem Augenblicke zu erklären, in welchem S. Majestät der König ein Ministerium aufrecht erhält, welches das Vertrauen der Cabinete in München und Stuttgart in weit höherm Grade verdient und besitzt, als das Vertrauen des eigenen Landes, in einem Augenblicke, in welchem das politisch verderbliche: tmt, Mtitig. et ps- roat Loi'UWig. der Wahlspruch einer Mehrheit in dem Hause der Abgeordneten zu werden droht. Während in den mittleren Schichten der Nation das Bedürfniß nach stärkerer Einigung wie das Gefühl der Zusammengehörigkeit in erfreulichen Kundgebungen sich offenbart, brechen Haß und Eifersucht, die furchtbaren Elemente der Zwietracht, in den Kreisen des höhern Particularismus in helle Flammen aus, welche in den unteren, aus alten Vorurtheilen noch nicht erlösten Schichten der deutschen Stämme nur zu reichliche Nabrung finden.
Diese bedenkliche Erscheinung muß andere, als die angedeuteten, Ursachen haben. Es müssen nach Stuttgart und München aus Berlin Berichte gegangen sein und dort Glauben gefunden haben, Berichte von einer bevorstehenden großen Action Preußens gegen das Sonderleben des Particularismus und die Souveränetät der Einzelstaaten, Berichte, deren Reflex in der bekannten Mittheilung eines Berliner Blattes „Vom Main, Zt. Juli", von der einen Seite als qualificirte Zeitungsente verlacht, in manchem schwach erleuchteten Cabinete dagegen als eine Bestätigung sonstiger, aus zuverlässigen Quellen stammender Nachrichten einregistrirt worden ist — neben den Berichten über die eifrige, tägliche Beschäftigung des Königs von Preußen mit Musterungen und Feldübungen, und neben den periodisch wiederkehrenden Gerüchten von dem Eintritte des Herrn von Bismark in das Ministerium zu Berlin.
Solche Berichte, — nicht amtliche, aber vertrauliche, — existiren, sie wirken