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Die Symbolik in der deutschen Mythologie.
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der Ferne herbeigezogen, wo die richtige ganz nahe lag. So bei der Frei­lassung eines Knechts durch den Dcnarins (ms-numissio per äemai-ium). welche darin besteht, daß dem freilassenden Herrn von einem andern Freien eine Münze, ein äermrius, aus der offnen Hand geschlagen wird: hier ist die all­gemeine Deutung die, daß der Knecht so frei und ledig wie der Denar aus der Hand des Herrn entspringe, eine Symbolik, die jeden mit dem Geist dieser Dinge einigermaßen Bertrauten sehr, befremdlich anmuthen wird. Symbolik ist wohl im, Spiel, aber eine ganz andere. Es ist nämlich die marmmissio per äeng.rium nichts Anderes als ein Scheinvcrtauf des Knechts durch den bisherige» Herrn an den andern Freien als Scheinkäufer, der dann erst die Freilassung vornehmen soll, ganz wie im römischen Recht bei der fa.milia.iz ömtio und der miillumissio eines suu8. Das Band zwischen Herrn und Knecht ist ein so enges, das; es nur durch Verkauf gelockert werden kann (zugleich wird dabei ein Zeuge gewonnen), zum Zeichen aber, daß der Kauf eben doch nur ein Scheinkauf, verzichtet der Verkäufer auf das prstium. er läßt es sich dereiinquirend ans der Hand schlagen.

Wenden wir uns von den Symbolen des Rechts zu den Symbolen des Aberglaubens, so sind auf diesem Gebiet vor Allem die beiden großen Gruppen des activen und passiven Aberglaubens zu unterscheiden. Bei dem activen Aberglauben sucht der Mensch durch eigne Thätigkeit entweder ein drohendes Uebel abzuwenden oder ein schon hercingebrochnes Uebel zu beseitigen oder ein gewünschtes Glück herbeizuführen oder endlich einen bestehenden Glücks­zustand dauernd zu erhalten; aber auch das ist schon activer Aberglaube, wenn zur Erforschung der Zukunft diensame Handlungen absichtlich vorge­nommen werden. In diese letzte Kategorie des activen Aberglaubens gehören also alle Arten von Augurien, Anspielen. Sortilegien u. a.; zu der ersten Ab­theilung zählen alle die Sprüche, Gebcrden, Ceremonien, mit welchen Krank­heiten geheilt oder fern gehalten, Hcigelschiag oder Wetterstrahl verscheucht. Gedeihe» der Saat, gute Erntetage herbeigeführt werden, und hier ist das Walten der symbolischen Vorstellungen so mächtig, daß man sich hat verleiten lassen, die Symbolik geradezu auf dies Gebiet, auf den activen Aberglauben, zu beschränken. Aber ich bin der Ueberzengung, daß in der Untersuchung der Symbolik auch für das Gebiet des passiven Aberglaubens der Schlüssel zur richtigen Deutung einer großen Menge von räthselhaften und bisher unerklärten Mythologemen liegt. Der passive Aberglaube ist identisch mit dem Kreis der Omina im weitesten Sinn d. h. aller Vorgänge, welche dem Menschen, ohne daß er durch seine Thätigkeit, durch seine Absicht sie wach gerufen, ja manchmal auch sehr gegen seinen Willen, die Zukunft ent­hüllen, ihn warnen, mahnen, bedrohen oder auch ermuthigen und zuversicht­lich machen. Sehr viele dieser Omina haben ihre Erklärung in symbolische