303
mit denen sie verübt worden, in demselben Verhältniß gebraucht werden. Dasselbe gilt von Selbstmorden u. s. w."
Wir wollen für einen Augenblick dies Zahlenverhältniß als beglaubigt annehmen, obgleich wir uns der Bemerkung nicht erwehren können, daß in der Art und Weise, wie solche Zahlen zusammengestellt werden, doch immer viel Willkür herrscht. Wenn z. B. Buckle sortfährt: „Die Zahl der Personen, welche in Frankreich zwischen 1826 und 1844 wegen Verbrechen angeklagt wurden, ist ungefähr der Zahl der Todesfälle männlicher Personen gleich, die in derselben Zeit in Paris stattfanden," so ist diese Zusammenstellung doch eine handgreifliche Kinderei. Die Hauptsache ist, was Buckle aus jenem Umstand schließt.
„Bei den Eigenthümlichkeiten, die mit dem Verbrechen des Selbstmords verknüpft sind, ist es wahrlich eine erstaunliche Thatsache, daß alle Zeugnisse, die wir besitzen, zu einem großen Schlüsse hindrängen, und uns nicht in Zweifel darüber lassen können, daß der Selbstmord lediglich das Erzeugniß des allgemeinen Zustandes der Gesellschaft ist und daß der einzelne Frevler nur das verwirklicht, was eine nothwendige Folge vorhergehender Umstünde ist. In einem bestimmten Zustande der Gesellschaft muß eine gewisse Anzahl Menschen ihrem Leben selbst ein Ende machen. Dies ist das allgemeine Gesetz; die besondere Frage, wer nun das Verbrechen begehen soll, hängt natürlich von besondern Gesetzen ab, welche doch in ihrer Gesammtwirksam- keit dem allgemeinen Gesetz gehorchen müssen, dem sie alle unterworfen sind. Und die Macht des höheren Gesetzes ist so unwiderstehlich, daß weder die Liebe zum Leben, noch die Furcht vor dem Jenseits den geringsten Einfluß auch nur auf die Hemmung seiner Wirksamkeit auszuüben vermag. . . . Alle Zeugnisse zwingen uns zu dem Schluß, daß die Vergehen der Menschen nicht sowohl das Ergebniß der Laster des einzelnen Verbrechers sind, als des Zustandes der Gesellschaft, in welche dieser Einzelne geworfen wurde. Dies ist ein Schluß, der auf umfassenden einleuchtenden und aller Welt zugänglichen Beweisen beruht und also nicht umgestoßen, ja nicht einmal in Zweifel gezogen werden kann durch irgend eine von den Hypothesen, wodurch MetaPhysiker und Theologen bisher das Studium der Geschichte verwirrt haben." —
Hier finden wir uus nun in der dicksten Mystik angelangt. Also schwebt bei einem gewissen Zustand der Gesellschaft ein bestimmtes Quantum von Selbstmord-Stoff, Giftmord-Stoff, Dicbstahl-Stoff u. s. w. in der Luft, welches sich entladen muß. gleich viel an welchem Individuum! — Alle My. stik beruht aber darauf, daß man Collectivbegriffe, d. h. Begriffe, die nichts anders ausdrücken als eine Zusammenfassung einzelner Individuen, hyposta- sirt, d. h. ein Wesen, eine Individualität, oder wohl gar eine Person aus