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Kleine ästhetische Streifzüge. 1.
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In einzelnen Scenen hat er auch etwas eingeschoben, so namentlich in der berühmten Unterredung zwischen Egmont und Oranien, wo der Secretär mit der Nachricht von der wirklich erfolgten Ankunft AlbaS eintritt und so die Wendung deS Gesprächs mvtivirt. An dem ifflandschen Theaterstreich, in der letzten Scene Alba in der Maske eines Vermummten einzuführen, war Schiller unschuldig. Der Vermummte ist bei ihm der Henker, der freilich auch hätte wegbleiben können. Wenn wir der gegenwärtigen Bühne die Wiederaufnahme des vollständigen goelheschen Egmont empfehlen, so bleibt die schillersche Arbeit doch immer ein inieressantes Zeugniß von dem innigen Zusammenleben der beiden Dichter. Derselbe Verfasser hat sich durch ein anderes dankenöwertheS Unternehmen um die Gvethe-Schiller-Literatur ver­dient gemacht, das Goethe-Schiller-Museum (Leipzig, Gumprecht). Da bis jetzt die meisten Mittheilungen in wenig zugänglichen Zeitschriften zerstreut sind, ist es durchaus nothwendig, daß sich ein Centralorgan bildet, in welchem wenigstens mitgetheilt wirb, wo man das Betreffende zu suchen hat. Den Inhalt dieses Museums sollen bilden: erstens ungedruckte Reliquien Goetheö, Schillers u. s. w.; zweitens Revision des Textes ihrer Schriften behufs der Herstellung tadelloser Ausgaben; drittens vergessene Urtheile ihrer Zeitge­nossen über sie und ihre Werke; viertens Stimmen deS' Auslandes sonst und jetzt; fünftens Biographisches und Bibliographisches, namentlich ein Verzeichniß über die Artikel der Goethe-Schiller-Literatur in deutschen und auswärtigen Zeitungen. Alle Freunde und Verehrer unseres goldenen Zeitalters sollten sich bemühn, dem Herausgeber bei seiner Aufgabe, für die er geeigneter ist als viele andere, behilflich zu sein. I. S.

Mecklenburger Zustände.

Schon einmal hat man in Nußland ebenso gewaltige Anläufe zu CivilisationS- reformen beobachtet, wie heute. Freilich baute man damals keine Eisenbah­nen, weil eS überhaupt noch keine gab. Aber man gab der Wissenschaft Frei­heit, man ließ die Presse publizistische Stilübungen machen, man sprach von der Bauernbefreiung, kurz man begann sich möglichst zu europäisiren, wie heute. Man hat es damals eine Zeit lang auch keineswegs weniger ehrlich gemeint, als heute. Nur als die Consequenzen der tausendfachen Anfänge' herangerückt kamen, wurden sie unbequem und blieben dann liegen, bis Kaiser Nikolaus sie allmälig wieder ganz vergessen durfte. Es braucht darum heute nicht lwiz so wieder zu geben, wie damals. Aber ml aämirari bleibt immer eine gute Negel. wenigstens so lmige die Dinge noch nicht über die allerersten Keime ihres Grenzboten. IV. ->8ö7. 44