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Deutsches Künstlerleben in Rom.
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thum zu begründen, so kommt er im Grunde mit dem alten Sammetrock aus, den seine Mutter schon zu einer Weste verschneiden wollte, den er aber noch glücklich beim letzten Abschied in den Koffer schob. Wozu jetzt die philister­hafte Ausgabe für einen Schwalbenschwanz in Italien, wo ihn seine Träume nur eine Kleidung nach dem Muster Masaniellos oder höchstens Ciceros erwarten ließen, ja wo er unter den Nachkommen des nämlichen Volkes lebt, welches dem Pompejus das Umwinden der Schenkel als Weichlichkeit vorwarf, dem Cäcina daS bunte Kriegskleid und die Beinkleider nur mit Unwillen hin­gehen ließ und sich schwer daran gewöhnte, als man Anstands halber auf der Bühne daS Tragen langer Hosen einführte.

Gehen seine Vorstudien über die Einfachheit der Altvorderen Roms noch einen Schritt weiter, so macht er mit Nachdruck und fest zugeknöpften Taschen darauf aufmerksam, daß der rechte Sohn der Siebenhügelstadt nicht einmal den entnervenden Gebrauch eines Taschentuchs kannte, vielmehr, so oft ihm Weinen Bedürfniß war, sich mit dem Mantel die Thränen abtrocknete; daß die schnöde Gewohnheit, durch Servietten die Brühen und Saucen des ver­derbten Geschmacks unschädlicher zu machen, erst der Zeit des Verfalls ihr Entstehen verdankt und daß selbst dann noch der Gastgeber es seinen Gästen überließ, ihre eigne Wäsche zu diesem Zwecke mitzubringen. Er erinnert daran, daß man sich der Toga als gewöhnlichste Kopfbedeckung bediente, und droht, zum Entsetzen seiner römischen Freunde, den carrirten Mantel, welchen er sich einst beim Uebergang aus der Gyps- in die Malclasse anschaffte und auf der Piazza di Spagna schon nach dem Muster der Treppenmodelle mit Erfolg neu drapirte, künftig als einzige Kopsbedeckung zu tragen.

^ Das Spottbuch des Casinos bemächtigt sich inzwischen seiner alslustiger Person", und nachdem ihm daselbst für ewige Zeiten ein papiernes Denkmal mit entsprechender Inschrift errichtet worden ist, rückt er von seiner ertreinen Stellung der Durchschnittspartei wieder näher, und versichert nach einigen Wochen den nachrückenden Zuzüglern: es herrsche oberhalb der Fontana trevi zwar ein erbärmlicher Zopf, aber man müsse mit den Wölfen heulen.

Trotz dieser Art Etikette übrigens, die sich unter den in Rom ansässigen Künstlern eingeschlichen hat, läßt sich daselbst in Kleidung und Lebensweise manche ungebundenere Geschmacksrichtung durchführen, und wenn die Klage über theurer gewordene Kost und Miethe nicht so triftige Gründe hätte, so wäre Rom in der That für Kunstjünger von einer gewissen Reife daS wahre El­dorado unter der Sonne. Wo die Stipendien aber nicht reichlich fließen, leert sich der Reisebeutel freilich in Italien rasch genug.

Der Deutsche ist, wenn wir Tacitus glauben dürfen, zwar gleichgiltig gegen Hunger und Kälte; aber Durft und Hitze machen ihm um so leichter zu schaffen, und dabei ist ein Foglietta guten Orvietos jetzt doch zu einer LuruS-

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