Amöbenruhr.
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einer ausgedehnten flächenhaften Zerstörung der Darm Schleimhaut wie bei der Bazillenruhr.
Den Zustand des Darms am Lebenden hat Hoppe-Seyler beschrieben, der Gelegenheit hatte, der Laparatomie eines Amöbenruhrkranken beizuwohnen. Es kamen Colon descendens und Flexura sigmoidea zur Beobachtung.
„Sie waren stark verdickt, hatten sich auch vorher bei der Palpation durch die Bauchdecken deutlich als prall elastische, einem dicken Gummischlauch ähnliche Gebilde abtasten lassen. Das Peritoneum erschien injiziert; zahlreiche stark gelullte Blutgefäße durchzogen die blaurot gefärbte Darmwand. Beim Einschneiden blutete der Darm viel mehr als normal, es quollen die inneren Schichten, anscheinend Mucosa und Submucosa, stark vor. Sie erschienen auch besonders geschwollen und hyperämisch. Die Sektion ergab nach dem bald darauf erfolgten Exitus letalis starke Geschwürsbildung im ganzen Dickdarm, in der Umgebung der Ulzerationen ausgedehnte Loslösung der Mucosa von den unterliegenden Schichten.“
Bei der mikroskopischen Untersuchung findet man im Grunde und in den Rändern der Geschwüre neben vereinzelten Bazillen und Kokken zahlreiche Amöben. Da, wo die Amöben eingedrungen sind, verfällt die Schleimhaut z. T. der Koagulationsnekrose. Stark verändert sind namentlich die von Amöben befallenen Drüsenschläuche. In diesen ist das Epithel durch Koagulationsnekrose zerstört und liegt als schollige Masse im Grunde der Drüsen oder man findet überhaupt nur noch Zwischengewebe. Indes die Amöben zerstören die Schleimhaut nicht flächenartig, sie dringen Straßen- oder keilförmig durch sie hindurch, auch durch die Muscularis mucosae, von der sie einige Zeit aufgehalten werden und bilden dann ganze Nester in der Submucosa. Dementsprechend ist diese Schicht der Darm wand auch am stärksten verändert. Die von den Amöben befallenen Darmfollikel werden in kleine Abszesse verwandelt, die durch die Mucosa in den Darm hinein durchbrechen. (Die Erkrankung der Darmfollikel bei Amöbenruhr wird von Councilman und Lafleur in Abrede gestellt.) Solche Abszesse enthalten dann unzählige Amöben. Die Submucosa ist gewöhnlich an solchen Stellen enorm verdickt, hyperämisch, von Fibrinausschwitzungen und Blutungen drrrchsetzt, enthält aber nur in der nächsten Umgebung der Follikel erheblichere Zellinfiltrate. Erst in späteren Stadien finden sich die Amöben in der Muscularis und Serosa.
In chronischen Fällen findet man in der Schleimhautoberfläche schließlich nur schmale, ovale oder schlitzförmige Einbuchtungen mit dicken, leicht aufgeworfenen Rändern und hartem Grunde, anscheinend in Heilung begriffene Geschwüre, oder pigmentierte Narben. (Rogers.) Die Darmwand kann dabei ganz erheblich verdickt sein.
Auch in den Wandungen der Leberabszesse finden sich regelmäßig Amöben, sehr viel seltener im Eiter. Die Amöben verschwinden, wenn der Abszeß seit 12—14 Tagen eröffnet und in Heilung begriffen ist. Dafür aber finden sich dann in solchen Abszessen regelmäßig Kokken oder Bakterien, während Eitererreger pflanzlicher Natur in frisch geöffneten oder noch geschlossenen Abszessen sehr viel seltener sind.
Diese Abszesse können natürlich nach den verschiedensten Organen hin durchbrechen. So fand Legrand unter 123 Fällen: 23mal spontane Eröffnung nach außen, 14 mal in den Brustfellraum und die Bronchien, 8 mal in den Darm. Von anderen Autoren wurde Durchbruch in die Bauchhöhle, den Herzbeutel, die Vena cava und das Nierenbecken beobachtet.
Le Dantec gibt an, daß bei Kindern Leberabszesse seltener wären und bei ihnen häufiger Gehirnabszesse auftreten. Kartulis hat in jüngster Zeit auch in solchen Gehirnabszessen Dysenterieamöben nachgewiesen.