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Deutsches Kolonistenleben im Staate Santa Catharina in Süd-Brasilien / von Hermann Leyfer. Mit einem Vorwort von Albrecht Wilhelm Sellin
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Das Militärwcsen.

Das Mililärwesen ist Bundessache. Die einzelnen Staaten unterhalten nur ihr Polizeikorps zum Sicherheitsdienst im Innern.

Das stehende Heer wie das Polizeikorps besteht aus Angeworbenen. Die Verfassung verbietet ausdrücklich die Zwangsrekrutirung. Zur Ver­theidigung der Verfassung und des Landes aber ist jeder Bürger verpflichtet.

Hierzu besteht das Institut der Nationalgarde, einer Bürgerwehr, welche aber in Friedenszeiten nie in Thätigkeit tritt.

Das Post- und Telegraphenwesen.

Zwar haben die Staaten nach der Bundesverfassung das Recht, selbst Post und Telegraphen einzurichten. Doch hat kein Staat hiervon Gebrauch gemacht, sondern Post- und Telegraphenwesen ist thatsächlich Bundessache.

Die Verwaltung beider Verwaltungszweige läßt mannigfach zu wünschen übrig. Da aber in den deutschen Municipien die Postämter luASnoia cks oorrsio) meist mit Deutschen besetzt sind, wird hier in der Regel der Postdienst mit deutscher Redlichkeit und Pünktlichkeit verwaltet.

Die Taxen der Post sind, wenn man den Kurs von 8 6 berücksichtigt, nach welchem die Reichsmark ks 1K471 werthet, nicht zu hoch. Geld­briefe und Postpackete werden, außer nach Portugal, nach dem Ausland, also auch nach Deutschland nicht befördert. Briefe im Inland zahlen 200 Reis, nach dem Ausland 300 Reis für je 15 Gramm Gewicht, die Einschreibegebühr beträgt für erstere 200 Reis, für letztere 400 Reis.

Kirche und Schule.

Die Verfassung des Bundes wie des Staates Sta. Catharina hat aus­drücklich den Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat ausgesprochen. Dem Staat ist sogar verboten, an geistliche Institute eine Unterstützung zu zahlen. Selbst die Friedhöfe sollen weltlich sein: doch ist diese Vorschrift noch wenig durchgeführt, vielmehr bestehen meistens nur die Friedhöfe der Kirchen­gemeinden. Für die Seelsorge haben sich überall kirchliche Gemeinden gebildet.

Gesetzlich ist durch den Bund die Civilehe als obligatorische Institution eingeführt. Der Staat erkennt nur civilrechtlich geschlossene Ehen an, und nur die Kinder aus solchen Ehen gelten vor dem Gesetz als eheliche.

Der Friedensrichter ist Standesbeamter für den Abschluß der Ehe. Die Anmeldungen der Geburten und Todesfälle erfolgen vor dem Friedensgerichts­schreiber, der die Registerlisten zu führen hat.

In der Bundes- wie Staatsverfassung ist unentgeltlicher Volksschul­unterricht mit Schulzwang vorgeschrieben, auch angeordnet, daß die Volks­schule weltlich sein soll.

Thatsächlich sieht es freilich mit dem Schulwesen anders aus. Da der Staat nicht die genügenden Mittel hat, die nöthige Anzahl von Schulen zu unterhalten, kann er natürlich auch den Schulzwang nicht durchführen.

In den deutschen Kolonien haben sich aber in den Städten und einzelnen Koloniestraßen Schulgemeinden gebildet, die ihre Lehrer mit eigenen