Dieselben können sich Dank der municipalen Autonomie im Geiste deutscher Verwaltungsgrundsätze und im deutschen Gememsinn entwickeln.
Wenn es sich auch nicht leugnen läßt, daß das politische Parteiwesen des Landes selbst in die deutschen Municipien hineingedrungen ist und hier heftige Gegensätze geschaffen hat, die namentlich bei politischen Wahlen scharf aufeinanderplatzen, so ist doch anzuerkennen, daß die deutsche Auffassung über die Aufgabe jeder öffentlichen Verwaltung mehr oder weniger maßgebend geblieben ist. Eine Verschleuderung des Gemeindeeinkommens in Begünstigung der Anhänger der regierenden Partei, wie sie sonst in Brasilien gäng und gäbe ist, findet in den deutschen Municipien nicht statt, im Gegentheil wird mit aller Sparsamkeit und Redlichkeit die Verwaltung geführt. Begünstigungen, welche allerdings auch hier nicht ausgeschlossen sind, übersteigen doch das Maß der selbst in Deutschland üblichen nicht, und ihr Uebermaß würde selbst bei der eigenen Partei Mißbilligung und Einschränkung finden. Ebenso macht sich der deutsche Gerechtigkeitssinn geltend, und geht es auch hier ohne Parteilichkeit und Schikanirung der Gegner nicht ab, so würde doch eine offenbare Vergewaltigung nie in der öffentlichen Meinung einen Schutz finden.
Die Verfassung des Bundes, des Staates und der Municipien garantirt also den Bürgern die weitgehendsten politischen Rechte und Freiheiten, vielleicht weitergehend, als die Bevölkerung für sie reif ist. Wenn diese Rechte und garantirten Freiheiten von den Behörden nicht immer respektirt werden, so liegt dies nur daran, daß die Bevölkerung sich von einigen Berufspolitikern, deren Kreaturen dann sich als die Herren aufspielen, am Gängelbande führen läßt.
2. Die Verwaltung.
o> Das Steuerwescn.
Die Bundesverfassung hat dem Bunde zur Bestreitung seiner Ausgaben gewisse ihm ausschließlich zustehende Einnahmequellen überwiesen, deren wichtigste der Importzoll ist. Er ist sehr hoch und erreicht für viele Waaren die Höhe ihres Wertes. Daneben sind in letzter Zeit eine Menge Konsumsteuern geschaffen worden, welche besonders durch die Form ihrer Erhebung, das Bekleben der einzelnen steuerpflichtigen Objecte mit Stempelmarken (8sIIo8), allgemeinen Unwillen im Volke hervorgerufen haben und doch nur einen im Verhältniß der dadurch geschaffenen Belästigung von Handel, Gewerbe und Industrie geringfügigen Ertrag der Bundeskaffe liefern. Sehr lästig für den Rechtsverkehr ist die Stempelsteuer des Bundes, welche übrigens die Einzelstaaten mehr oder weniger usurpirt hatten. Doch ist im vergangenen Jahre ein Bundesgesetz erlassen worden, nach welchem alle Verträge und Rechtsakte, die sich nach Bundesgesetzen regeln, mit dem Bundesstempel versehen sein müssen.
Ebenso wie der Bund hat auch der Einzelstaat seine besonderen Steuern, welche jener nicht erheben darf. Unter ihnen nimmt im Budget aller brasilianischen Staaten der Exportzoll die erste Stelle ein. Ausschließlich dem Einzelstaate vorbehalten sind ferner die Gewerbe- und Jndustriesteuer, die Grund- und Miethssteuer und die Abgaben bei Uebertragung von Grundeigenthum. Letztere ist im Staate Sta. Catharina auf die Municipien übergegangen, und eine