I. Von den staatlichen Einrichtungen und dem Deutschthum im Allgemeinen.
Brasilien, welches an Größe Deutschland um das funfzehnfache übertrifft, ist im Jahre 1500 von dem Portugiesen Cabral entdeckt und drei Jahrhunderte hindurch von Portugal aus als Kolonie verwaltet worden, bis es sich 1822 vom Mutterlande lostrennte und als selbständiges Kaiserreich erklärte. Durch eine unblutige Militärrevolte wurde am 15. November 1889 die Monarchie gestürzt und die Republik erklärt.
Brasilien ist kein Einheitsstaat, sondern ein Bundesstaat, indem bei Einführung der Republik die früheren Provinzen des Reiches selbständige Staaten wurden, welche ebenso wie der Bund ihre Verfassung und eigene Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtspflege haben. Die Staaten wieder setzen sich zusammen aus autonomen Municipien oder Gemeinden.
1. Die Verfassung.
L> Im Bund.
Die brasilianische Verfassung ist in demokratischem Geiste redigirt und der Verfassung der Vereinigten Staaten von Nordamerika nachgebildet. Alle Gewalt im Staate wird zurückgeführt auf den Volkswillen, welcher sich in Wahlen kundgiebt. Die Souveränität ruht beim Volke. Ihre Organe sind die ausführende, die gesetzgebende und die richterliche Gewalt, welche nach der Verfassung gleichwerthig und von einander unabhängig sind. An der Spitze der ausführenden Gewalt, der Regierung, steht der Bundespräsident, welcher vom Volke in direkter Wahl auf 4 Jahre gewählt wird. Er allein ist in letzter Linie für die Verwaltung des Bundes verantwortlich Die Minister werden von ihm unabhängig von der Majorität des Parlaments ernannt und entlassen. Er ist oberster Kriegsherr, erklärt Krieg und Frieden — bei
Angriffskriegen nach vorhergehender Autorisation durch das Parlament - , schließt mit auswärtigen Mächten Verträge, welche aber dem Parlament zur Genehmigung vorzulegen sind, verhängt bei inneren Unruhen und bei Kriegszeiten den Belagerungszustand über das Land und hat das Begnadigungsrecht. Alljährlich hat er dem Parlament von seiner Geschäftsführung Rechenschaft abzulegen.
Die Beschlüsse der gesetzgebenden Gewalt bedürfen zur Gesetzeskraft seiner Genehmigung, Sanction. Verweigert er diese, so wird der Beschluß dennoch Gesetz, wenn in beiden Häusern des Parlaments sich zwei Drittel Majorität für denselben ausspricht.