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Deutsches Kolonistenleben im Staate Santa Catharina in Süd-Brasilien / von Hermann Leyfer. Mit einem Vorwort von Albrecht Wilhelm Sellin
Entstehung
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ff staatliche Grundsteuer wird nicht erhoben. Die Miethssteuer in den Städten g beträgt hier 12^ vom Miethswert. Außerdem besteht eine Stempelsteuer, I der namentlich die Gesuche und Eingaben an die staatlichen und municipalen I Behörden unterliegen Seit einigen Jahren ist zu dem noch eine Kapital- H oder Vermögenssteuer von '/s Prozent eingeführt, von welcher aber der kleine I ländliche Grundbesitz unter 3000 Milreis Bodenwerth befreit ist.

Der Kolonist, welcher nicht ein größeres Vermögen besitzt oder nicht j zugleich Geschäftsmann oder Handwerker ist, der mit Gesellen arbeitet, hat t demnach weder an den Bund, noch an den Staat Steuern zu entrichten. * Natürlich sind hiermit nur direkte Steuern gemeint; denn die Import- und ). Exportzölle fallen naturgemäß beim Ein- und Verkauf von Waaren auch auf § den Kolonisten als Konsumenten und Producenten zurück. Direkte Abgaben ; entrichtet er nur an seine Gemeinde, das Municip. Die Steuergesetzgebung s der Municipien ist sehr verschieden; doch können sich die Kolonisten nirgends t über eine zu hohe Belastung beklagen. Erhoben wird z B. in Joinville i eine Wagensteuer von 5 Milreis, eine Reitpferdsteuer von 2 Milreis, eine t Brennereisteuer von 58 Milreis, eine Landsteuer zur Unterhaltung der j Wege von 8 Milreis für ein Grundstück von 60 Morgen und für jeden weiteren Morgen 30 Reis. Außerdem hat jeder Kolonist die Gräben an der ! Landstraße vor seinem Grundstück zweimal im Jahr vom Graswuchs zu reinigen. In den neuangelegten Kolonieen fallen auch diese Steuern fort, so lange dieselben noch nicht in die municipale Verwaltung eingeschlossen sind, was immer erst nach mehreren Jahren geschieht.

6) Das Justizwcsen.

Wie schon weiter oben erwähnt wurde, ist die Gesetzgebung über das materielle Recht, Civil-, Straf- und Handelsrecht dem Bunde vorbehalten, dagegen steht die Regelung des Prozeßverfahrens und der Organisation der Geriete den Staaten zu. Doch hat die Bundesverfassung zur Garantie einer unparteiischen Rechtspflege das Institut der Geschworenen und die Unab- setzbarkeit der Richter, wie sie schon unter der Monarchie bestand, beibehalten und insoweit der staatlichen Gesetzgebung aus diesem Gebiete Schranken gezogen. Die Gerichte sind also Staatsbehörden.

Der Friedensrichter (.Inis <I« pur).

Alle vier Jahre wählen die Bürger in den einzelnen Municipien nach allgemeinem Stimmrecht vier Friedensrichter, von denen jeder ein Jahr zu amtiren hat, und welche sich während ihrer Amtsperiode gegenseitig vertreten.

Wählbar als Friedensrichter ist jeder Bürger, der älter als 21 Jahre und der Landessprache in Schrift und Wort mächtig ist. Er bezieht keinen Gehalt, sondern bekommt nur die für seine Amtshandlungen vorgeschriebenen Gebühren.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist der Friedensrichter zuständig bei Objecten bis zu Us. 3O0M0O.

Trunkenbolde und Personen, welche die öffentliche Stille, Ruhe und Sicherheit gefährden oder verletzen, kann er zur Unterzeichnung eines so-