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Hatte man sich lange an den technischen Schwierigkeiten gestoßen, da die Überwindung der großen Wunderdünen die Ingenieure vor äußerst schwierige Probleme stellte und den Bau eine Zeitlang fast unmöglich scheinen ließ, so war die Frage nach der technischen Seite hin nun dadurch als gelöst zu betrachten, daß man auf den Ausweg verfallen war, durch geeignete Wellblechkonstruktion die Bahnlinien gegen den treibenden Dünensand zu sichern und sie nötigenfalls streckenweise durch Tunnelbauten zu führen. Kolonialdirektor Stübel konnte sich jedoch immer noch nicht entschließen, die Angelegenheit zu fördern; erst die Ernennung des Erbprinzen zu Hohenlohe zum stellvertretenden Kolonialdirektor brachte Ende 1905 eine Beschleunigung.
Was die wirtschaftlichen Interessen im Süden des Schutzgebietes nicht herbeizuführen vermochten, das hat schließlich der Krieg erzwungen. Die Verpflegung der Truppen im Süden wurde nahezu zur Unmöglichkeit; sie hing zum ganz wesentlichen Teil von dem guten Willen unserer Orenznachbarn ab, Lebensmittel über die Landgrenze gehen zu lassen. Der sogenannte Baiweg von Keetmanshoop nach Lüderitzbucht ist wegen der Wanderdüne und des Wassermangels ein außerordentlich beschwerlicher Transportweg, auf dem überdies die halbe Zugkraft der Tiere durch die notwendigen Wassertransporte in Anspruch genommen wird. Oberst Deimling hat in seinen Vorträgen sehr anschaulich geschildert, wie er bei seiner Rückkehr auf diesem Baiwege immer nur „der Nase nach" zu gehen brauchte, da eine ununterbrochene Kette von Leichen der Lasttiere den ganzen Weg bezeichnet. Daß diesem fürchterlichen Zustand Abhilfe geschaffen werden muß, war seit langem absolut klar. Erst am 15. Januar 1906 waren die Dinge so weit gediehen, daß, nachdem zu Weihnachten der vorläufige Bauauftrag erteilt war, von der Kolonialabteilung ein Vertrag mit der deutschen Kolonial- Eisenbahnbau- und Betriebsgesellschaft abgeschlossen werden konnte, wonach nach Anrechnung einer Vorbereitungszeit von sechs Wochen für den einstweiligen Vorbau der ganzen Strecke acht Monate in Aussicht genommen wurden und für endgültigen Ausbau weitere 18 Monate. Am 1. November 1906 wurde der Betrieb bis Aus (Kubub) eröffnet.
Diese erste Strecke von Lüderitzbucht bis Kubub ist 150 km lang; die Kosten berechneten sich auf rund 9 Millionen. Einige Wochen später bewilligte der Reichstag die Weiterführung der Bahn über Kubub hinaus bis Keetmanshoop. Mit dem Bahnbau wurde es ähnlich gehalten, wie seinerzeit mit dem Bau der sibirischen Bahn,