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Geschichte der Reformierten Kirche Bremens / im Auftr. des Ministeriums der Stadtbremischen Pfarrkirchen bearb. von Otto Veeck
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Geschichte der rofonnicrten Kirche Lremens

wandel. Die Gnade und Barmherzigkeit Gottes wird jetzt wieder gepredigt und dem alten Grundsatze: Auge um Auge, Zahn um Zahn, den die Geistlichen des ^6. und ^7. Jahrhunderts den Gesetz­gebern noch so oft eingeschärft hatten, der in der Anwendung der Tortur, in der harten Behandlung der Gefangenen in den Türmen, Zucht- und Werkhäusern befolgt wurde, wurde jetzt in den Ge­mütern der Boden entzogen. Ls war unmöglich, daß dieselben Ratsherren und Träger öffentlicher Amter, die sonntäglich und in der Woche zu den Füßen dieser milderen Geistlichen saßen und in der Woche die Rechtspflege zu üben hatten, auf die Dauer durch die neue predigt nicht berührt worden wären. Die peinliche Be­fragung wurde seltener und der Zeitgeist milder. In den Rech­nungen der Aämmerer werden nicht mehr so viele Aosten für Folter­knechte und Henker und für Geistliche, welche die Verurteilten zur Richtstätte zu begleiten hatten, gebucht. Der Wandel gegen die alte festgewordene Litte tritt langsam ein, aber er kommt doch. Und für die Ärmsten werden Armenschulen und Freischulen begründet. In den Mandaten des Rates läßt sich diese Wandlung auch er­kennen.

Und der Pietismus war der Wegbereiter für die Aufklärung und den Rationalismus, und auch hier hat der Rat zunächst noch die ersten Träger der neuen Gedanken aus der 5tadt gewiesen und eine strenge Zensur über die neuerungssüchtigen, die Gottlosigkeit befördernden, die fromme Litte gefährdenden Bücher aus diesem Kreise geübt, aber allmählich werden auch die Ratsherren von diesem Geiste angesteckt und sie hören den Vorträgen der Lehrer auf den Aanzeln zu, die dahin gehen, die Zuhörer zu rechtschaffenen und tugendhaften Menschen zu machen, Sollte diese Verheißung nicht dem Rate gefallen und ihr Gelingen dem Staate dienlich sein? So fängt nun auch der Rat in seinen Mandaten an, auf die Vernunft seine Bürger anzusprechen; er sucht auf die Bürger zu wirken, indem er sie belehrt über den Nutzen des öffentlichen Gottesdienstes und eines gereinigten, vernünftigen Thristentums. Der alte Rat hatte die Bettage vermehrt, die Gottesdienste, weil er auch den Papisten und Lutheranern gegenüber diese blame von seinen Airchen abhalten wollte, nicht vermindern lassen, der neue er­kennt, daß zu sehr gehäufte Gelegenheiten zu öffentlichen Andachts- übungen eine bedauernswürdige Vernachlässigung der letzteren nach