Neuntes Uapitel. Der Rationalismus in Bremen.
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sieht auch daraus: Aalvinistischer Geist war auch in das reformierte Bremen eingezogen.
Beigelegt ist der Sammlung ein astrologisches Prognostikon, eine Beilage zum Bremischen Staatskalender von l.7^3. Der Sammler bemerkt dazu: „Dieses sogenannte astrologische Prognostikon habe ich hiermit angelegt zum Beweise, wie tief der Verstand unserer Vorfahren noch um die Mitte des ^8. Jahrhunderts unter Dummheit und Finsternis begraben lag. Zum Troste aller dieser, die solche Flecken in der Geschichte unserer Vorsahren irgendwo wahrnehmen, setze ich noch hinzu, daß es das letztemal war, daß man solchen Unsinn in den Staatskalender aufnähn,." In diesem Schriftstücke wird zunächst für jeden Monat ein voraussichtlicher !Vitterungs- bericht aufgestellt. Dann wird von Rriegen und Welthändeln gehandelt: „Das Jahr hat viel mehr Anzeichen zu blutigen Ariegen, wo es auch sein wird, als zum erwünschten Frieden." Auch von Gesund- und Arankheiten wird da geweissagt nach dem Stande der Gestirne. Der eine Monat bringt podagra, der andere Hitzschläge usw.
Der Bibliothekar der „Bremischen deutschen Gesellschaft" Johann Philipp Tassel, dem wir diese Sammlung verdanken, setzt also um l?5V den Beginn der Aufklärung für Bremen an, und das ist ungefähr richtig. Noch etwa 200 Jahre nach der Reformation hat die reformierte Orthodoxie hier geherrscht.
lvir glauben den Nachweis geführt zu haben, daß die Erweichung der alten orthodoxen Lehre schon durch den Pietismus eingeleitet wurde.
Aber ein Menschenalter später zog nun die Aufklärung wirklich in Bremen ein, und wieder hat sich die Geistlichkeit aufs heftigste dawider gesträubt und Gewaltmittel zur Unterdrückung der Freigeisterei angewandt. Ein junger Theologe, Johann Heinrich Gest, gab ^75^ die „Blätter zum Nutzen und Vergnügen" heraus und gründete die Bremische deutsche Gesellschaft. Von ^757 ab erschien hier „das Bremische Magazin zur Ausbreitung der Wissenschaft, Aünste und Tugend, von einigen Liebhabern derselben mehrenteils aus den englischen Monatsheften gesammelt und herausgegeben". Die Schriften der englischen und französischen Freidenker waren auch in Bremen bekannt geworden und hatten heimliche Leser gesunden. Sie verbanden sich zu einer Gesellschaft und wollten an ihrem Teile