Achtes Kapitel. Die Anfänge des Pietismus in Bieinen. ^g?
disziplin aus der Zeit des Oezelius wieder aufnahmen. Sie nahmen es scharf mit der Zulassung zum Abendmahle und hielten die Unwürdigen davor zurück. Ein pietistischer Eiferer, Andreas Rauchcamp aus huchting, ein Schüler Undereycks, wird einmal, ^636, vor dem Ministerium verklagt, daß er in der Sittenzucht so streng verfahre, daß er früher doch zum Abendmahle Zugelassene zurückweise. Er hatte diesen Bauern gesagt: Es sei besser, wenn sie Arsenik genommen hätten und ihnen der Bauch geplatzt wäre, als wenn sie das Abendmahl genommen. Auch über die Morgen- und Abendgebete und das Vaterunser der Landleute habe er verächtlich gesprochen und gezweifelt, ob innerhalb 23 Iahren einer der Verstorbenen selig geworden wäre. I. Fr. Iken in seinem Buche: Joachim Neander, Sein Leben und seine Lieder, Bremen ^380, schreibt darüber, S. 35: „In der Stadt herrschte damals (etwa 1^650) ein ehrbares, steifes und äußerst pedantisches Leben. Die dunkle Tracht der meisten Männer und Frauen, der ehrsame Zuschnitt des ganzen Lebens, die übertriebene Förmlichkeit in allem Auftreten und Verhandeln lagen zwar einesteils in der Zeit, welche äußere Ehrbarkeit von den Bürgern forderte, zum Teil aber bekunden sie den kalvinischen Tharakter Bremens!" — Wir führen nur ein Beispiel dafür an: alle Handwerker aus der Stadt gingen ihres Amtes verlustig, deren Frauen zu früh geboren hatten. — Iken fährt dann fort: „Wir haben von diesem altbürgerlichen Wesen eine genaue und anmutige Schilderung eines durchreisenden Engländers, der über die strenge Sonntagsfeier, die zahlreichen Gottesdienste, das ehrbare Auftreten der Prediger, Ratsherren und Frauen, über die grausamen Züchtigungen am Vranger und auf dem Markte usw. sehr ergötzliche Briefe schreibt. Zwar datieren diese schon aus dem folgenden Jahrhunderte, als der Pietismus durchgedrungen war und einen viel größeren Ernst in vielen Bürgerkreisen hervorgerufen hatte. Im ganzen aber passen sie auch für Neanders Zeit. Bezeichnend ist dies: Der Engländer findet die Reformierten unausstehlich ernst, die Lutheraner dagegen, mit denen er im Ratskeller trinkt, sind viel jovialer." N)ir werden diesem Unterschiede in der Lebenshaltung der beiden Konfessionen auch noch bei der verschiedenen Stellung zum Theater begegnen. U)as Max Weber in dem Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, XX. Bd., ^. heft und ebendaselbst XXI. Bd., I.. heft ^05 sagt, finden