zumindest anzudeuten, wird die Bremer Kogge von 1380 erwähnt (S. 11), anschließend aber zu Recht herausgearbeitet, dass eine substantielle Überlieferung erst im 17., vor allem im wirtschaftlich und politisch relativ ruhigen 18. Jahrhundert einsetzt, womit umrissen wird, wo der historische Schwerpunkt ansetzt. Für die jüngere, erst im 19. Jahrhundert geradezu explosionsartig einsetzende Entwicklung in der Doppelstadt Bremerhaven-Geestemünde können wir seit nunmehr zwei Jahrzehnten auf die wegweisende, 1987 gedruckte Dissertation über den Seeschiffbau in Bremerhaven von Dirk J. Peters zurückgreifen, die einem industriearchäologischen Ansatz verpflichtet ist und sich schwerpunktmäßig mit den Werftanlagen beschäftigt.
Der schiffsbiographische und auch genealogische Schwerpunkt der Arbeiten Paw- liks bilden hierzu eine sehr schöne Ergänzung, so dass man sagen kann, dass das Duo Peters-Pawlik einen wichtigen Bereich des Schiffbaugeschehens an der Unterweser optimal abgedeckt hat. Aber auch über die stadtbremische Schiffbaugeschichte wird im vorliegenden Band viel Neues berichtet. Der vorindustrielle Holzschiffbau passiert in seiner ganzen Breite Revue, aber auch die industriellen Eisen- und Stahlschiffswerften kommen nicht zu kurz, d.h. soweit sie Segelschiffe (einschließlich der noch besegelten Dampfer der Übergangszeit) gebaut haben. Entsprechend seiner persönlichen Interessenlage, sicherlich aber auch, um den Rahmen nicht zu sprengen, spart Vf. Dampf- und Motorschiffe aus, was zu akzeptieren ist.
Die Methodik aller drei Bände ist streng dokumentarisch ausgerichtet, Pawlik selbst spricht etwas verlegen, fast entschuldigend, vom »Ansafz des Schiffsliebhabers« (S. 7). In der Tat kann mit Kritik von akademischer Seite gerechnet werden, doch diese würde verkennen, dass zur Wissenschaft nicht nur das mehr oder weniger geistreiche Theoretisieren, sondern auch die solide Dokumentation gehört. Was Pawlik hier als Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit abliefert, ist nichts anderes als eine adäguate Quellenaufbereitung, wie man sie mutatis mutandis auch von Editionen oder Ur- kundenbüchern her kennt. Die Tatsache, dass das Deutsche Schiffahrtsmuseum in Bremerhaven als nationales maritim-historisches Forschungsinstitut das Werk herausgegeben hat, möge schon so manchen Kritikaster den Wind aus den Segeln nehmen, um ein zum Buchthema passendes Sprachbild zu verwenden. Vielmehr trägt bei Pawlik das mit großer Konsequenz durchgehaltene methodische Gerüst. Dies schlägt sich nicht zuletzt in einer sinnvollen Gliederung als ein Nachschlagewerk nieder, die trotz der Komplexität der Materie und dem Umfang des Buchs einen raschen Zugriff auf die vom Leser und Nutzer nachgefragten Fakten und Zusammenhänge ermöglicht.
Jede Werft wird, wie in den beiden vorangegangenen Bänden, kurz aber konzise vorgestellt, dann folgen die Neubauten. Schiffsbiographie kann, wenn sie nicht kleinkariert betrieben wird, allen Unkenrufen aus der hochnäsigen Theoretikerecke zum Trotz eine Wissenschaftsrelevanz für sich beanspruchen. Was Pawlik da zusammengetragen hat, verdient das Prädikat eindrucksvoll und strahlt in seiner Vielfalt (man denke da nur an die zahlreichen Reisebeschreibungen) thematisch in verwandte Bereiche ab, wie etwa in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Eine kleine historische Sensation und als solche auch gekennzeichnet, ist eine erstaunlich frühe Reise des Bremer Fregattschiffes DIE EINTRACHT 1806 zur Insel Dejima vor Nagasaki, wo eine holländische Niederlassung den Handel mit dem damals noch hermetisch abgeschlossenen japanischen Inselreich abwickelte (S. 29). Das Bildmaterial, darunter zahlreiche »Kapitänsbilder«, aber auch reizvolle wie instruktive Hafen- und Küstenansichten sowie Darstellung von Besatzungen und anderen wichtigen Personen entspricht in seiner Substanz dem Text.
Alles in allem bedeutet dieser nicht nur physisch schwergewichtige Dreibänder, dem man ohne Übertreibung das Prädikat eines Lebenswerks zuschreiben kann,
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