Jahrgang 
Band 80 (2001)
Seite
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gebürtige Wilhelm Struve (1793-1864)-' als Direktor berufen. Struve hatte seit 1817 die Sternwarte in Dorpat (heute Tartu in Estland) geleitet. Auf der neuen, mit erheblichen finanziellen Mitteln ausgestatteten Hauptsternwarte des Russischen Reiches {Imperialis primaria Rossiae specula academica) sollten laut Ukas Zar Nikolaus I.

»a) ununterbrochen und in möglichster Vollkommenheit Beobachtungen angestellt werden, die auf die Förderung der Astronomie, als Wissen­schaft, abzielen;

b) correspondirende Beobachtungen für geographische Unternehmungen im Reiche und wissenschaftliche Reisen überhaupt [...]

c) nach Möglichkeit zur Vervollkommnung der praktischen Astronomie in ihren Anwendungen auf Geographie und Nautik beigetragen und zu Übungen in der geographischen Ortsbestimmung Gelegenheit ge­boten werden. « 4

Auch an einen mit 1000 Rubeln jährlich wohlausgestatteten Bibliotheksetat war gedacht worden 5 . Bis zum Sommer 1841 erwarb die Sternwarte 8 Himmels­karten, 1556 Bände und 321 Abhandlungen, darunter auch seltene historische Werke wie die Machina coelestis des Hevelius, die editio princeps der Ele­mente Euklids von 1482 sowie mehrere Werke Tycho Brahes und Johannes Keplers. Struve, der mit Olbers befreundet war, hatte schon zu dessen Leb­zeiten ein Auge auf die Bibliothek geworfen und beauftragte den Altonaer Astonomen Heinrich Christian Schumacher (1780 - 1850), mit den Erben in Verhandlungen zu treten:

»Vielen Astronomen war es längst bekannt, daß unter den astronomischen Privatbibliotheken Deutschlands die des hochverdienten Olbers in Bremen eine der vorzüglichsten sei, vielleicht von mehreren an Zahl der Bände übertroffen, gewiß aber nicht an Schätzen der seltensten Art, die der wohl­habende Besitzer in einer Reihe von mehr als 50 Jahren mit Mühe und Um­sicht zusammengebracht hatte, namentlich in Bezug auf sein Lieblingsfach, die Cometographie, und in Bezug auf mehrere in der Geschichte der Astro­nomie noch nicht vollständig aufgehellte Punkte. Ich selbst hatte diese Büchersammlung wiederholt bei meinen Reisen gesehen, ohne indeß eine genaue Übersicht von dem, was sie enthielt, gewonnen zu haben, da die astronomischen und mathematischen Werke in den Bücherzimmern mit den

3 Alan H. Batten, »The Struves of Pulkovo: A Family of Astronomers«, in: Journal of the Royal Astronomical Society of Canada, 71, Ders., Resolute and Undertaking Characters: The Lives of Wilhelm and Otto Struve. Dordrecht 1988, S. 345-372, Adam J. Szanser, »F.G.W. Struve (1793-1864): Astronomer at the Pulkovo Obser- vatory«, in: Annais oi Science, 28, 1972, S. 327-346.

4 Heinrich Christian Schumacher (Hg.), »Ukas [Zar Nikolaus I.) an den dirigieren­den Senat«, in: Astronomische Nachrichten, 15, 1838, Sp. 362.

5 Ebd., Sp. 365.

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