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Buchbesprechungen
Es ist eigentlich nur ein schmaler Handschriftenband, 25 Quartseiten in der Urschrift und nach dem eigentlichen Text nur 23, 14 Seiten im vorliegenden Druck, der hier veröffentlicht wird. Bei dem geringen Bestände an älterer chronikalischer Uberlieferung für die Geschichte Frieslands kommt diesem um 1530 von einem Mönche des Dominikanerklosters in Norden geschriebenen Auszug aus einer älteren Norder Chronik, so knapp und in einigem gar fehlerhaft er auch sein mag, indes erhöhte Bedeutung zu. Die ältere friesische Geschichtsschreibung wird jene Chronik gekannt und benutzt haben; sie ist aber verloren. Um so mehr kann man den lange gehegten Wunsch der heutigen friesischen Forschung nach einer Veröffentlichung dieser 1875 wiederentdeckten Annalen verstehen. Der Herausgeber weiß darüber wie überhaupt über die mit dieser inzwischen, durch den letzten Krieg gleichfalls verlorenen und nur im Lichtbild überlieferten Handschrift verbundenen Fragen in Vorwort und Einleitung zu dieser Ausgabe erschöpfende Auskunft zu geben.
Diese selber ist doppelseitig erfolgt, den lateinischen Text und die deutsche Ubersetzung seitenweise gegeneinander gesetzt, was weitesten Kreisen die Beschäftigung mit dieser Quelle ermöglicht. Ein gründlicher Anmerkungsteil und — als Anlage — Parallelstellen aus anderen friesischen Geschichtswerken helfen den Text erschließen und seine geschichtliche Treue prüfen. Beizupflichten ist dem Herausgeber in seiner in einem längeren Exkurs: „Wigmodien oder Wittmund?" ausgedrückten Uberzeugung, daß die zu den Ereignissen der Jahre 1372/1373 und 1377 gebrauchte Ortsbezeichnung Wigmondia auf keinen Fall auf die alte Gaubezeichnung Wigmodien, also auf rechtsweserisches Land, zu deuten ist, vielmehr auf den Häuptlingssitz Wittmund; Quellen aus dem Gebiet diesseits der Weser kennen die in den Norder Annalen berichtete Auseinandersetzung nicht. Dagegen wird einmal eine Angelegenheit bremischer Geschichte erwähnt: der große Aufstand von 1366. Von Bremer Erzbischöfen ist mehrfach die Rede, aber leider nicht mehr von den Wirrungen, die sich an den Namen des Junkers Balthasar von Esens knüpfen. Im übrigen besteht der Wert der mit großem Fleiße und mit allen verwendbaren Hilfsmitteln gut besorgten Ausgabe für uns Bremer darin, daß das für den Außenstehenden manchmal verwirrende Durcheinander friesischer Geschichte, die ja nun einmal in enger Berührung mit der bremischen abläuft, in manchem nun doch verständlicher erscheint.
Friedrich Prüser
Die Denkwürdigkeiten des Hieronimus von Grest und die Harlingische Geschichte, bearb. von Gerhard Ohling
Quellen zur Geschichte Ostfrieslands, 3. Band, Aurich, Verlag Ostfriesische Landschaft, i960; 128 S., 4 Abb., 2 Textfig., 1 Karte; DM 6,—.
Der Superintendent Hieronimus von Grest zu Esens, auch unter dem Namen Grestius bekannt, verfaßte Mitte des 16. Jahrhunderts seine „Denkwürdigkeiten": eine 942 Verse umfassende Reimchronik, die die wechselvolle Geschichte des Harlingerlandes und seiner Häuptlinge aus dem Hause Attena von 1429 bis 1539 schildert. Obwohl bereits im Jahre 1845 von Diedrich Möhlmann unter dem Titel „Niederdeutsche Reimchronik" im Druck herausgegeben, ist Grests Werk als Geschichtsquelle für das Har- lingerland nie ernstlich herangezogen worden und auch als literarisches Erzeugnis völlig unbeachtet geblieben. Jetzt hat Gerhard Ohling den schwer