Bremische Stiftsgeistliche des späten Mittelalters
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Der jüngere Gerhard war dem Anschein nach der jüngste der Brüder. Urkundlich wird er von 1352 S30 ) bis 1395 331 ) erwähnt; obwohl nie in den Rat hineingekommen, muß er unter seinen Mitbürgern recht angesehen gewesen sein. Als erster von sechs Bremer Bürgern zeugte er noch in hohem Alter 332 ) in einem Rechtsstreit über Land in der Wetterung. Einige Jahre vorher war er Zeuge in der Notariatsurkunde über einen Schiedsspruch in Sachen der Ausführung letztwilliger Verfügungen des Bürgermeisters Martin Prindeney 333 ). In Gemeinschaft mit dem Ratsherrn Otto von Omstede war er 1380 Vormund eines Conrad von Horn 334 ). 1367 wird er unter den Geschworenen des An- schariviertels genannt, an drittletzterstelle 335 ).Die von ihm ausgeübte Mitwirkung bei Landverkäufen weist ihn in die Nähe der geistlichen Unterstifter, insbesondere des von Anschari. Dem Testamentsvollstrecker des Chorherrn Conrad von Wenighusen verkaufte er, zusammen mit anderen Bürgern, darunter seinem Bruder Hinrich, vier Stücke Landes in der Leester Wisch an der Ochtum 336 ). Als der Geistliche Boidekin, ein Sohn des Bremer Bürgers Albert Bulle, dem An- scharikapitel eine Wurt nebst Zehnten in Gröpelingen, „bei der öffentlichen Straße", für 10 Mark verkaufte, leistete Gerhard Borchardi dafür Gewähr 337 ). Er selber verkaufte dem Kapitel für 55 Mark ein Viertelland in der Vahr 338 ); es war von seinem Vater 16 Jahre vorher von Conrad von Verden, dem Sohn des 1304 ausgetriebenen Ratmannen, erworben worden, zu einem um 15 Mark höheren Kaufpreis 339 ). Der ältere Gerhard besaß auch Land in Walle; aus ihm schenkte er eine Rente von 2 Mark an den Kreuzaltar in der An- scharikirche 34 °).
Aus allem ergibt sich eine eindeutige Festlegung des Kreises, aus dem der Vikar Borchard stammte: es ist auch hier der des gut gestellten Bürgertums, das in diesem Falle nach dem Bezirk des Wohnens und des Wirkens als zu der Kirche gehörig eindeutig festgelegt werden kann, in der der Vikar Borchard sein geistliches Amt versah.
Nicht so klar lassen sich die bürgerlichen Beziehungen eines zwei-
33 °) III 25: 28. Juli 1352. 331 ) IV 168: 5. Juni 1395.
332 ) Vgl. Anm. 331. 333 ) IV 112: 5. Aug. 1389.
334 ) III 558: 7. Febr. 1380. 335 ) III 319: 30. Dez. 1367.
336 ) III 483: 11. Jan. 1373. 337 ) III 110: 14. Jan. 1358.
338 ) III 25: 28. Juli 1352 . 339 ) II 391: 18. Febr. 1336.
340 ) II 459: 6. Dez. 1339. — Vgl. Prüser, Die Güterverhältnisse des An- scharikapitels, III. Teil, Br. Jb., 35. Bd., S. 10 und 12.