Jahrgang 
Reihe A, 33. Band (1931)
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X.

Pastor Rudolph Dulon.

Ein Beitrag zur Geschichte der Märzrevolution in Bremen.

Von Heinrich Tidemann.

Erster Teil: Rudolph Dulon bis zu seiner Berufung nach Bremen.

Bildungsgang und Kandidatenjahre 18071836.

Unter den Führern der Märzbewegung in Bremen war nur e i n Mann von Eigenart und wirklich revolutionärem Geiste. Die anderen, die Wischmann, Kotzenberg, Feldmann, Eisenhardt, Brandt und wie sie alle heißen, waren durchaus keine führenden oder gar ihre Gefolg­schaft mitreißenden Persönlichkeiten, sondern Dutzendmenschen, die nicht einmal selbst durch die Gedanken, die sie verfochten, aus der Enge ihres Alltags und ihres Wesens emporgetragen wurden. Gewiß, die meisten von ihnen meinten es ehrlich und traten gläubigen Herzens für ihre Sache ein, doch wahrhaft davon Erfüllte waren sie nicht. Mehr oder weniger geschickte Agitatoren und emsige Treu­händer ihnen von außen zugekommener Ideen waren sie, aber nicht Menschen eigenen Wuchses, nicht ganz an ihre Ziele hingegebene Propheten. Das war nur einer von ihnen: Rudolph Dulon, der radikal­demokratische Pastor an Unser Liebfrauenkirche. Mögen auch viele unleidliche Wesenszüge sein Bild entstellen, ein selbstloser, ganz er­füllter Träger seiner religiösen, politischen und sozialen Ideale, einer, den nichts als seine innere Stimme trieb, die Welt nach seinem Wunschbilde umzuformen, ist dieser Mann dennoch gewesen. Sprachen die anderen nach, was ihnen der Geist der Zeit predigte, so rang er um eigene Erkenntnis, planten und handelten die anderen je nach Stunde und Gelegenheit, so urteilte und wirkte er als Vertreter einer Weltanschauung. Entschieden sich die anderen, wenn es um Ideal und Wirklichkeit ging, will sagen, wenn ihre politischen Theorien mit ihren eigenen Angelegenheiten oder denen ihrer Zunft, ihres Berufes oder Standes in Widerstreit gerieten, nur allzuleicht für die ihnen Früchte tragende Wirklichkeit, so verabscheute er solch kluge Berechnung und