Jahrgang 
6. Band (1872)
Seite
252
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Die Geschichte des Erzbischofs Gotfried.

sieht fühle ich mich um so mehr veranlasst, als es sich nicht nur darum handelt, des unheimlichen Gefühls ledig zu werden, das den Historiker immer bei der Benutzung übereinstimmender Be­richte beschleicht, deren Verhältniss zu einander noch unaufge­klärt ist, sondern auch um die Feststellung der Glaubwürdigkeit, welche bei Widersprüchen beider Quellen der einen ursprünglichen gegenüber der anderen erst aus ihr abgeleiteten beizulegen ist.

Für die Geschichte Erzbischof Gotfrieds enthält die Chronik von Rynesberch und Schene ausser den Angaben, welche mit den­jenigen des lateinischen Berichtes übereinstimmen und gleich näher untersucht werden sollen, viele Nachrichten von einem ausgespro­chen städtischen Gepräge. Beide Bewerber um den erzbischöf­lichen Stuhl, Gotfried von Arnsberg und Moritz von Oldenburg, suchten um den Beistand Bremens nach. Der Rath, der weder im Anschluss an den Einen, noch an den Andern für sich From­men sah, wäre gern der Entscheidung ausgewichen. Da er sich indessen entscheiden musste, so erklärte er sich für Graf Moritz, der fast das ganze Erzstift in seiner Macht hatte; erhielt jedoch das erwünschte Zugeständniss, dem Erzbischof keinen thätigen Beistand leisten zu müssen, wenn er auch dessen Gegner nicht unterstützen wolle. Die so glücklich vom Rath erlangte Neutra­lität musste derselbe aufgeben, denn die Gemeinde, durch vier von Erzbischof Gotfried gewonnene Bürger aufgereizt, zwang ihn, Graf Moritz die Freundschaft zu kündigen. Im Jahre 1356 erhob Graf Gerhard von Hoya Anspruch auf einige Bremer Bürger als auf seine Hörige. Von den Angesprochenen angestachelt, drang die Gemeinde auf Kriegserklärung gegen den Grafen; vergebens rieth der Rath ab, suchte er die Erklärung wenigstens hinauszuschie­ben, um inzwischen bei Graf Moritz von Oldenburg und dem Dom­kapitel Hülfe und Beistand zu werben; vergebens bemühte sich auch Graf Gerhard von Hoya um Beilegung der Streitigkeiten, bot er die weitgehendsten Bedingungen an: dat en halp allet nicht, men die rad moste yo orloghen. Es sind das gewissermassen die beiden Vordersätze, aus denen die Verfasser am Schluss der Geschichte Erzbischof Gotfrieds das Resultat ziehen, dass ein Schade, welcher groter is ghewesen wen twe Bremen werd weren, entstanden sei van twydracht wegene ichteswelker meenheit.

Die Stimme aus dem Rathsstuhle, die man hier deutlich zu